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Die Legende eines Kunsthandwerkers

Weltrekordhalter, Hunde- und Katzenliebhaber, Technikfan und begnadeter Motorradtuner: Fritz W. Egli, wurde weit über die Landesgrenzen hinaus prominent durch seine Rahmenkonstruktionen für die Töff der 1970er-Jahre.

Was vor 54 Jahren mit einer kleinen Werkstatt begann und im Jahr 1979 mit dem berühmten PS-Boliden MRD 1 seinen Zenit erreichte, endete vor fünf Jahren. Der Meister zog sich 2014 aus dem Unternehmen zurück und ging in Pension. Das Interview aus TÖFF 04/14 mit Fritz W. Egli, in dem über sein Leben, Licht und Schatten, seine Erfolge und seine Fehler spricht.

Fritz, wie würdest du dich als Mensch und Chef charakterisieren?
Ich unterscheide da nicht. Ich bin Autodidakt, Perfektionist und etwas pedantisch. Meine Pedanterie tobe ich fast zwanghaft in der Werkstatt aus; da gereicht mir dieser vielleicht manchmal problematische Charakterzug sehr zum Vorteil. Ich kann aber auch grosszügig sein.

 

Was waren die wichtigsten Stationen deines Werdegangs?
Als Zwölfjähriger kam der Bazillus Motorrad auf. Meine Kameraden und ich hatten jedoch weder Geld noch reiche Eltern. Also haben wir vom Schrottplatz kaputte Töffli organisiert. Dann kam natürlich die Frage auf, wer der Schnellste im Quartier ist. Im nahen Wald hatten wir eine Rundstrecke. Ich war der Champ, solange ich noch keine Tuningversuche unternahm. Mit meinen damaligen Frisierkünsten wurde das Teil immer langsamer (lacht). So hat alles begonnen. Während meiner Feinmechanikerlehre stand ich morgens extra immer 15 Minuten früher vor dem Firmentor, weil ich wusste: Da kommt ein Mitarbeiter mit einer Vincent Black Shadow. Dieses Motorrad faszinierte mich. Ich kam dann in Kontakt mit diesem Mann, und es hat sich eine Freundschaft entwickelt. Als er nach schwerer Krankheit starb, vermachte er mir seine Vincent. Ich habe sie gepflegt und gehegt und bin damit herumgefahren. Nach meiner Lehrzeit war ich drei Jahre lang in Mexiko. Nach meiner Rückkehr habe ich 1964 eine erste Werkstatt in einem Kuhstall eingerichtet. Meine ersten Kunden waren Vincent-Fahrer und viele Freunde. Eine wirklich wichtige Sache waren die Rennen, wo ich dann begann, mit der Vincent zu fahren. Ich hatte wohl den schnellsten Motor, aber das Chassis vereitelte grössere Erfolge. Ich musste diese «Eierei» abstellen. Das war die Geburtsstunde aller künftigen Egli-Chassis. Mit dem Engagement im Rennsport habe ich weitere Erfahrungen gesammelt, die dann in die Entwicklung meiner Motorräder eingeflossen sind. Ich hatte stets ein echtes, tiefes Interesse an der Verwirklichung konstruktiver Ideen. Der kommerzielle Aspekt war zunächst nur wichtig, damit ich meine Rennsporteskapaden verwirklichen konnte.

 

Was ist für dich der wichtigste Rennerfolg?
Der Sieg an der Schweizer Meisterschaft 1968.

 

Die grössten Erfolge deiner Firma und die grössten Flops?
Technisch? Die MRD 1. Heute sind 300 km/h nichts Spektakuläres mehr. Aber damals war das was. Ein Flop war es, die Idee kommerzialisieren zu wollen, denn Motoren mit 180 PS waren damals natürlich nicht so standfest.

 

Was waren die schwersten Zeiten für dein Unternehmen?
Als meine Beziehung in die Brüche ging, war das auch ein herber Schlag für mein Geschäft. Meine Frau und ich waren ein gutes Team. Wir ergänzten uns gut, hatten einander sehr gern und arbeiteten hart zusammen. Aber wenn man 24 Stunden dieselben Sorgen teilt, kommt das Private oft zu kurz.

 

Womit haderst du am meisten?
Mit der Arroganz der Macht. Mit Beamten, die nicht mehr wissen, wofür sie den Lohn, den wir Steuerzahler erarbeiten müssen, erhalten. Die versuchen, den Raster immer noch enger zu knüpfen, um etwas finden zu können, womit man den Bürger packen kann, ihn schikanieren kann. Das ist eine Entwicklung, die schleichend angefangen hat und sich stetig verschlimmert.

 

Was war dein schönstes Motorraderlebnis?
Es gibt unzählige. Ich denke, es war die erste Fahrt mit meinem Töffli im zarten Alter von zwölf. Für mich bis heute ein unvergessliches Erlebnis.

 

Geniesst du deine Rennerfolge, Auszeichnungen und Anerkennungen?
Das waren immer tolle Erlebnisse, aber ich habe das nie gemacht, um beklatscht zu werden.

 

Hast du einen unverwirklichten Töfftraum? Und was war das grösste Motorradabenteuer deines bisherigen Lebens?
Ja, zurzeit träume ich davon, ein kleines Zelt auf den Töff zu schnallen und einfach loszufahren, ohne Ziel, Plan und Termin…Mein grösstes Motorradabenteuer? Das erlebte ich in Mexiko. Da habe ich mich mit meiner Ariel Red Hunter in der brüllend heissen Wüste verirrt.

 

Wann war deine glücklichste Zeit?
Als ich mit meiner Frau und der kleinen Tochter im Beiwagen nach Italien ans Meer fuhr.

 

Welches ist dein aktuelles Motorrad, welches dein erstes, dein schönstes?
Derzeit fahre ich meine alte Vincent. Die hat jetzt einen Beiwagen. Mein erster Töff war eine Royal Enfield. Meine schönsten Motorräder sind natürlich die besagte Vincent und mein selbstgebautes Dieselgespann.

 

Gibt es etwas, was du bereust?
Ja. Die Zeiten, in denen ich zu wenig auf die Bedürfnisse anderer Menschen einging. Meine Pedanterie hat manchmal bis zur Verbissenheit geführt. Ohne Rücksicht auf Verluste, übrigens auch mir selbst gegenüber, habe ich dann auf ein gestecktes Ziel hingearbeitet. Für das Zwischenmenschliche war das manchmal ziemlich belastend.

 

Stellst du dir nun neue Herausforderungen, oder geniesst du dein Rentnerdasein – und kannst du überhaupt leben ohne die Befriedigung durch die Arbeit, die ja stets über den blossen Broterwerb hinausging?
Ich bin ganz sicher keiner, der mit einer Tüte Chips und einem Kasten Bier vor der Glotze einschläft. Ich kann nicht leben ohne die Befriedigung durch meine Arbeit. Nur werde ich die, so Gott will, jetzt für meine Dampfmaschinenmodelle und Tesla-Hochspannungsgeräte einsetzen.

 

Nach einem langen Berufsleben kommt jetzt vielleicht eine Zeit, um nachzudenken – drängen sich da nicht mitunter gewisse Erkenntnisse auf?
Nein, mir stellen sich nur immer mehr Fragen. Warum zum Beispiel wird der Kontrollwahn unserer Beamten immer verrückter? Warum kann man sich nicht wieder auf die Vernunft besinnen?

 

Wie siehst du als Unternehmer die Entmenschlichung als Folge des globalen Wirtschaftens und der Jagd auf die schnelle Rendite?
Ich bin kein Manager, sondern ein Patron alter Schule. Einer, der viel fordert, aber auch einer, der für seine Leute da ist, wenn es darauf ankommt. Es ist mir zuwider, Leute auszubeuten oder für den eigenen Vorteil zu benutzen.

 

Fritz, danke für das Interview und alles Gute.

 

Egli Motorradtechnik 
Ein 100 Millimeter starkes Zentralrohr aus Präzisionsstahl direkt über dem Motor, das gleichzeitig als Öltank diente, gerade Rohre für eine besonders steife Verbindung zwischen dem Steuerkopf und der Schwingenlagerung – für Egli das A und O des Rahmenbaus. Nach dem Erscheinen der Honda CB 750 Four im Jahr 1969 hat Fritz W. Egli dieses Fahrwerkkonzept bei vielen der japanischen Vierzylindermotoren adaptiert. Seine Rennerfolge und aufsehenerregenden Tuningprojekte wie die MRD 1 (Egli-Fahrwerk, Z-900-Motor mit Turbolader und Doppelvergaser und bis zu 320 PS) machten das Unternehmen endgültig weltbekannt. Heute beschäftigt sich die Egli Motorradtechnik AG hauptsächlich mit der Restauration der roten Renner und anderer Sammlerstücke sowie als Generalimporteur von Motorrädern im Retro-Style der Marken Norton und Royal Enfield.

Text/Bilder: Michael Kutschke/ Egli Motorradtechnik AG
Edit: Désirée Troxler

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