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Indian Challenger: Für die Überholspur

Indian Challenger

Indian Motorcyle setzt sich mit einem neuen Motor an die leistungsmässige Spitze der amerikanischen V2-Cruiser. Mit einem “Bagger” namens Challenger.

Challenger heisst das neue, im Frühling 2020 erhältliche Bike von Indian. Die erst in diesem Jahrzehnt wiederbelebte Marke sieht sich nach wie vor als Herausforderer (challenger eben) von Platzhirsch Harley-Davidson, setzt sich nun aber mit einem neu entwickelten V2 frech an die Spitze. Jedenfalls wenn es um die Leistung ihres neuen Tourers geht.

 

Dabei setzt Indian auf einen grossen V2, der wie jener in hubraumkleineren Scout-Modellen auf Flüssigkeitskühlung, vier Ventile pro Zylinder und einen Zylinderwinkel von 60 Grad setzt. Weitere Gemeinsamkeit: auch hier mischte das Team um den Burgdorfer Urs Wenger mit. Statt 1133 ccm für die Scout bietet der neue Twin, der den geschichtsträchtigen Namen PowerPlus trägt, satte 1768 ccm, ein maximales Drehmoment von 178 Nm und gut 120 PS Spitzenleistung.

 

Bagger mit Touchscreen

Die oder der Indian Challenger ist ein Tourer der Untergruppe Bagger, also jener Reisemobile für Menschen, die auf die grosse Garderobe und damit auf ein Topcase und auch auf maximalen Windschutz verzichten können. Dafür bleibt man deutlich unter der 400-kg-Schmerzgrenze, was beim Manövrieren ebenso willkommen ist wie beim flüssigen Fahren. Ausserdem ergibt sich eine dynamischere Silhouette, was tendenziell von einer jüngeren Kundschaft goutiert wird.

 

Up-to-date ist Indian mit seinem Infotainment-System, das über einen farbigen, handschusensitiven 7-Zoll-Touchscreen sowie Knöpfe am Lenker bedient werden kann. Ein sehr nützliches Feature kommt dazu, falls es denn auch in Europa funktioniert: der «weather overlay». Dabei kann in der Navi-Darstellung der momentane Regenradar angezeigt werden, um in Echtzeit Vermeidungsstrategien ausknobeln zu können.

 

Mehr Power

Prunkstück der Challenger ist aber fraglos der Motor. Die zusätzliche Kraft im Vergleich zu den luftgekühlten V-Twins sieht Indian nicht in erster Linie als Stammtisch-Argument, sondern zur Steigerung des Fahrvergnügens: Überholmanöver seien damit einfacher möglich, was sich auf einer zweitägigen Testfahrt in Kalifornien bestätigt. Zwischen 2000 und 6500/min ist Dampf und Drehfreude in bislang unbekanntem Mass vorhanden, die Arbeit am bestens funktionierenden Getriebe ist selten notwendig.

 

Das Chassis, hochwertige Bremsen und ebensolche Federelemente zeigen sich der Kraft und des Gewichts des Tourers gewachsen. Die Schräglagenfreiheit ist genretypisch begrenzt aber durchaus ordentlich, so dass die Trittbretter unter den meisten Challenger-Reitern ein durchaus langes Leben geniessen dürften.

 

Das Styling der Challenger wurde von Design Director Ola Stenegärd zur Motorpower passend forsch gewählt. Die Liebhaber der Indians im klassischen Stil müssen aber nicht verzweifeln. Chieftains und Roadmasters sind weiterhin erhältlich, für 2020 sogar mit grösserem, von 1819 auf 1901 ccm erweitertem luftgekühltem 49°-V2.

 

Fotos: Indian Motorcycle/Barry Hathaway

Text: Daniel Riesen

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