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KTM 990 RC R im Test

KTM 990 RC R

KTM bringt die lang erwartete 990 RC R. Das alltagstaugliche, verkleidete Sportbike der NextGen Supersport-Kategorie mit dem leistungsgesteigerten, drehmomentstarken LC8c und hochwertigen Komponenten begeisterte im Test auf der Landstrasse wie auf der Piste als tolles Spassmobil.

Nach dem Produktionsunterbruch wegen Insolvenz wiedererstarkt, bringt KTM nun mit der 990 RC R den sehnlichst erwarteten Supersportler auf Basis der ihrer 990 Duke. Ihr Reihenzweizylinder mit 947 ccm Hubraum und gekröpfter Kurbelwelle ist hardwaremässig derselbe wie in der Basis-Duke, leistet hier mit anderem Mapping aber satte 130 statt 123 PS. Der Stahlrahmen wurde angepasst, komplett neu sind die Schwinge und das Federbein, das hier für feineres Ansprechverhalten mit einer progressiv wirkenden Hebelumlenkung arbeitet.

 

KTM 990 RC R

Optisch erinnert die neue 990 RC R klar an KTMs MotoGP-Renner. Effektiv ist gerade bei der Aerodynamik viel Know-how aus dem Rennsport eingeflossen.

 

Dazu sind an der RC R feinste Komponenten verbaut: volleinstellbares WP-Apex-Fahrwerk, Brembo Hypure Vierkolbenzangen mit radialer, einstellbarer Bremspumpe, Lenkungsdämpfer – alles top. Auf Basis der RC R wird demnächst die neue 990 Duke R folgen.

 

Gemässigte Haltung

Sehr gut zu einem alltagstauglichen Sportbike, als das die KTM 990 RC R konzipiert wurde, passt die Sitzposition. Denn sie fällt erstaunlich gemässigt aus: Wenn man ganz nach vorn rückt, lastet nur wenig Gewicht auf den Händen. Die unter der Gabelbrücke montierten Lenkerstummel sind nicht zu tief und zeigen kaum nach unten, sodass auch längere Etappen beschwerdefrei absolviert werden können. Und auch der Kniewinkel fällt keineswegs zu eng aus.

 

KTM 990 RC R

Die 990 RC R macht im Winkelwerk der Landstrassen eine hervorragende Figur.

 

Bezüglich Alltagstauglichkeit kann die RC auch mit ihrem neuen 8,8-Zoll-Breitband-TFT mit Touchscreen und den neusten Armaturen inklusive Joystick punkten. In ihm können nicht nur alle Fahrmodi eingestellt und konfiguriert werden, es verfügt auch über die Möglichkeit und den Platz für die gleichzeitige Darstellung der Kartennavigation im Offline-Modus. Mit dem optionalen Tech-Pack kommen noch Blipper, Tempomat, Track-Modi, Laptimer, Telemetriedaten, Wheelie-Assistent, einstellbare Motorbremse und vieles mehr dazu.

 

KTM 990 RC R

Im 8,8-Zoll-TFT mit Touchscreen (hier im Track-Modus) kann über Offline-Karten die GPS-Navigation und Vieles mehr dargestellt werden. Dazu kann der Platz für vielseitege Informationen nach Belieben geteilt werden.

Sensationeller LC8c

Der auf 130 PS leistungsgesteigerte Twin allein ist schon ein Erlebnis. Mit 103 Nm bei 6750/min verfügt er über eine ausgesprochen kräftige Drehzahlmitte. Er läuft bereits ab 2000/min rund. Dabei lässt er sich sanft ans Gas Nehmen und tritt bereits ordentlich an, verfügt über eine gut berechenbare Leistungsentfaltung und legt bis fast 10000/min stetig Leistung nach. Im Winkelwerk fährt man die RC eigentlich meistens zwischen 4000 und 6500/min und vermisst nie Leistung. Auf der Hatz wird vielleicht auch mal über 8000/min gedreht. Das muss mit diesem Drehmoment-Berg aber gar nicht sein, denn auch bei mittleren Drehzahlen lässt sich die 990 RC R sehr unaufgeregt schnell fahren.

 

KTM 990 RC R

Im Winkelwerk lässt sich mit der RC R kraftvoll aus mittleren Drehzahlen aus den Ecken powern. Die fast profillosen (hinten 2 %, vorn 4 %) Michelin Power Cup2 überzeugen im Test und bieten eine beeindurckende Kaltperformance.

 

Das Handling der neuen RC ist leichtfüssig, aber nicht zu agil. Die KTM glänzt mit sicherer Stabilität und folgt in Schräglage sauber der gewählten Linie. Dabei lässt sie sich auch durch Unebenheiten kaum aus der Ruhe bringen. Seitenwechsel gehen leicht von der Hand, ohne dass die 990 RC R in die Kurven zu fallen droht oder sich gegen Schräglagen sträubt. Sie sticht mit sicherem, unaufgeregtem, neutralem und präzisem Handling hervor.

 

Interessant auch, dass die KTM zwar ausgezeichnet im Hang-off in die Kurven gezogen werden kann, sich gleichzeitig aber auch nicht gegen Schräglagen sträubt, wenn man sich auf dem Motorrad wenig bewegt. Das Handling ist also sehr unkompliziert und vertrauenerweckend. Gerade auf winkligen Passstrassen ist das Hang-off nicht unbedingt der effizienteste und sicherste Fahrstil. Auch diesbezüglich wird die 990 RC R den Ansprüchen an einen Alltags-Supersportler absolut gerecht.

 

KTM 990 RC R

Die KTM glänzt mit neutralem und stabilem Fahrverhalten. Dabei wirkt sie nie bockig.

 

Bei unseren Fotosessions mit wiederholten Wendemanövern störte dann aber der relativ knappe Lenkeinschlag von lediglich je 25°, was für einen Supersportler zwar üblich, im Alltag aber sicher nicht ideal ist.

Komfortables Sportfahrwerk

Gerade auf den teils zerfurchten Strassen im Hinterland von Sevilla (E), wo der Press-Launch der KTM RC 990 RC R stattgefunden hat, bewies das nicht übermässig straff abgestimmte Fahrwerk Landstrassenqualitäten. Der Alltagssupersportler hielt so stets sicheren Bodenkontakt. Rüttelpisten wurden nicht zur Plage und man drohte nie, aus dem Sattel gehebelt zu werden.

 

KTM 990 RC R

Die radiale Bremspumpe sorgt zusammen mit dem MCS-Bremshebel (Multiple Click System) für beste Dosierbarkeit.

Bremsen höchster Güte

Die edlen Brembos überzeugten ebenso. Sie beunruhigen nicht mit heftigem Initialbiss, verzögern bei Bedarf aber brachial. Mit der radialen Bremspumpe und dem MCS-Bremshebel, bei dem nicht nur die Hebelspreizung, sondern auch die Härte des Druckpunkts eingestellt werden kann, wird die präzise Dosierung der Vorderbremse zum Kinderspiel. Das Bosch-Kurven-ABS reguliert letzte Ungenauigkeiten im Grenzbereich unauffällig.

 

Auf der Landstrasse hat die KTM also sowohl im Winkelwerk als auch auf Überführungsetappen, ja gar bei Ortsdurchfahrten über Pflastersteine überzeugt.

Grenzerfahrungen auf der Piste

Am zweiten Tag ging es dann auf den über vier Kilometer langen Sevilla Circuit. Eine Piste, die keineswegs einfach zu lernen ist, viele blinde Ecken aufweist und inzwischen teilweise ordentlich Wellen aufweist.

 

Und auch hier zeigte sich die 990 RC R voll im Element. Ihre Performance, sowohl bezüglich Handling als auch motorseitig, begeisterte. Mit der vollen Drehzahlmitte und nicht ausgesprochen progressiver Leistungsentfaltung fand ich mich auf der Suche nach dem optimalen Vortrieb anfangs wiederholt im Drehzahlbegrenzer wieder. Mit zunehmender Streckenkenntnis, wobei es mir die KTM mit ihrer verzeihenden, unkomplizierten Art leicht machte, die optimale Linienwahl zu finden, stimmten dann nicht nur die Brems- sondern auch die Schaltpunkte. Und auch hier bewies sich der Motor als ausreichend kraftvoll. Dabei kann er auch auf der Piste erstaunlich schaltfaul vom dritten Gang aufwärts gefahren werden.

 

KTM 990 RC R

Vertrauensvoll kann man sich auf der gutmütigen KTM 990 RC R an die Grenzen herantasten.

 

Die serienmässigen Michelin Power Cup2-Reifen boten dabei ordentlich Grip. Sie erreichen ihr optimales Funktionsfenster schnell, sodass die KTM in den insgesamt sieben 30-Minuten-Turns jeweils noch in der ersten Runde aufs Knie genommen werden konnte.

Toller Arbeitsplatz

Auch die Ergonomie passte für die Piste gut. Die Fussrasten können zudem einfach umgestellt werden, sodass sie 25 mm weiter hinten und 17 mm höher liegen. Mit der Höhe der Lenkerstummel bin ich auf der Rennstrecke gut zurechtgekommen und hätte mir nie eine andere Position gewünscht. Bei Bedarf könnten aber auch sie noch tiefer positioniert werden. Zudem bietet die 990 RC R viel Bewegungsfreiheit zum Turnen auf dem Bike. Und auch fahrwerksseitig zeigte die KTM grosses Potenzial, dies speziell, wenn man bedenkt, dass wir auch auf der Piste mit dem Standard-Set-up begonnen haben und dieses im Verlaufe des Tages nur minimal verhärten mussten. Für den Einsatz mit reinrassigen Rennreifen bieten die RC da also noch einen grossen, bisher ungenutzten Einstellungsspielraum.

 

KTM 990 RC R

Die Ergonomie und der Bewegungsspielraum passen für die Strecke optimal. Ein Teil der Stabilität ist definitiv auch den Winglets zuzuschreiben.

 

Zu hart wollten wir die Österreicherin aber auch nicht abstimmen, um über die Wellen keine Unruhe aufkommen zu lassen. Selbst über die Unebenheiten folgte die KTM zielgenau der gewählten Linie. Dabei belohnt sie das geschenkte Vertrauen jeweils mit einer tollen Performance. Jedoch verwöhnte die 990 RC R auf der Piste nicht mit glasklarem Vertrauen von der Front. Wie viel von diesem Mangel dem Fahrwerk und wie viel dem serienmässigen Michelin Power GP2, zuzuschreiben ist, konnte hier nicht geklärt werden.

Supersportler für Alltag und Hobbyracer

Allgemein ordnet sich die 990 RC R sicher nicht bei den hyperagilsten Supersportlern ein und hat mit 147 mm vorne für ein Sportbike auch einen recht langen Federweg (17 mm davon seien Negativfederweg). Sie ist mit ihrem 1481 mm Radstand auch länger als ihre Mitbewerberinnen und mit 98,5 mm Nachlauf stärker auf Stabilität ausgelegt. Der technische Projektleiter André Klipphahn erklärt: «Der Grund ist klar der zusätzliche Komfort für den Alltag, der für die Rennstrecke aber kaum nachteilig ist. Schnelle Hobbyfahrer, die regelmässig auf die Piste gehen, könnten mit den Fahrwerkselementen allenfalls an den Anschlag kommen. Für solche Fälle bieten wir aber After-Market-Fahrwerke an.»

 

Für angefressene Track-Piloten bietet KTM übrigens auch eine leichtere und stärkere Track-Version für unter 20 000 Franken an. Mit dem auf 2026 lancierten KTM 990 RC R-Cup, in dem auch mit Serienmodellen angetreten werden darf, bietet KTM auch die passende Plattform dafür.

Elektronische Assistenz

Neben dem Fahrwerk bieten auch die elektronischen Assistenzsysteme zumindest mit dem aufpreispflichtigen Track- bzw. Tech Pack vielseitige Einstellmöglichkeiten. So verfügt die einstellbare Traktionskontrolle über 8 Stufen. Auf Stufe 4 begann das Hinterrad in der langen, abfallenden Linkskurve allerdings schon ordentlich zu schmieren. So sah ich mich nicht dazu veranlasst, über die Schaltwippe an der linken Lenkerarmatur die Zügel der Traktionsassistenz weiter zu lockern.

 

KTM 990 RC R

Mit dem Wheelie-Assistent im Track-Modus kann die vom System maximal erlaubte Höhe definiert werden.

 

Die Bremsperformance und -dosierung ist also auch für die Piste top. Das Kurven-ABS griff bei harten Bremsmanövern nie störend ein. Die Regelung am Hinterrad kann im Supermoto-Modus deaktiviert werden. In diesem Fall muss dann aber auf die kurvensensitive Regelung am Vorderrad verzichtet werden. Zusätzlich gibt es noch einen Modus „Supermoto+“ bei dem das Hinterrad zwar überbremst werden kann, der über die Regelung der Verzögerung am Hinterrad aber einen Slide-Winkel von maximal 9 % zulässt.

 

Die 990 RC R hat auch auf der Piste sehr begeistert, ist also nicht nur im Alltag, sondern auch auf der Rennstrecke in ihrem Element. Auf der Strecke wäre ohne die Vorgaben bezüglich Alltagstauglichkeit natürlich noch mehr zu holen. Doch die Vielseitigkeit ist genau der grosse Pluspunkt alltagstauglicher Supersportler. Sie werden hauptsächlich auf offenen Strassen bewegt, plagen den Fahrer da nicht mit allzu sportorientierter Ergonomie, bieten gleichzeitig aber auch auf der Piste grosses Potenzial.

Goldene Mitte

KTM hat ein begeisterndes Sportbike für den Alltag und die Strecke gebaut. Die 990 RC R füllt wohl die Lücke zwischen der rennstreckenorientierteren Yamaha R6 und der tourentauglicheren Ducati Panigale V2 und trifft so quasi die goldene Mitte. Auch preislich reiht sie sich mit einem Listenpreis ab Fr. 15 490.– zwischen ihren Hauptkonkurrentinnen ein. Wir sind schon gespannt auf den direkten Vergleich der KTM mit ihrer Konkurrenz unter den Alltags-Supersportlern.

 

KTM 990 RC R

 

Mehr Infos hier.

Überblick über die Überprüfung
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