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Yamaha MT-09 – erster Test 2021

Wir sind die für 2021 umfassend erneuerte Yamaha MT-09 in Barcelona gefahren. Unser erstes Test-Fazit lautet: Weniger Auspuff, aber viel mehr Performance!

Als Yamaha die 2021er MT-09 erstmals zeigte, war nicht die gewachsene Performance, sondern die neue Optik Gesprächsthema Nummer eins. Und das ist absolut verständlich. Schliesslich hat sich ihr Gesicht deutlich verändert und der Auspuff scheint auf den ersten Blick ganz verschwunden zu sein.

Wie fährt sich die neue MT-09?

Doch ist das Aussehen ja in erster Linie sowieso Geschmackssache. Was hier am meisten interessieren dürfte: Wie fährt sich die neue, ab April erhältliche MT-09? Die Zusammenfassung auf diese Frage fällt sehr kurz aus: top!

2021er Yamaha MT-09 in Barcelona.

Der neu 889 statt 847 ccm aufweisende Dreizylindermotor wurde noch etwas potenter und spricht dank neu implementiertem E-Gas in allen Modi ruckfrei an. Die jetzt vorhandenen 119 statt 115 PS und das durchs Band höher liegende Drehmoment mit früher erreichter Spitze machen sich deutlich bemerkbar. Dieses Powerplus harmoniert sehr gut mit der neuen Getriebeabstufung sowie dem geringeren fahrfertigen Gewicht und dem verbesserten Fahrwerk inklusive leichteren Schmiedefelgen… Ja, richtig: Die 2021er MT-09 verfügt auch in der Standardausführung, die es bereits für 9990 Franken gibt, über Schmiederäder, die im Set 700 Gramm einsparen.

Kurvenwetzen hinter Barcelona

Wir kommen im Rahmen der internationalen Pressevorstellung in Barcelona dazu, die neue MT-09 erstmals zu fahren. Von unserem Hotel, das sich unweit des Ace Cafe Barcelona befindet, fahren wir über die Stadtautobahn in Richtung Hinterland. Hier geht es sofort in ein hügeliges und kurvenreiches Gebiet, das das Herz eines jeden Motorradfahrers höher schlagen lässt.

Hier schlägt auch das Herz der MT-09 höher: Der CP3-Motor ist ganz in seinem Element. Das gestiegene Drehmoment ermöglicht noch spontanere Beschleunigungen, ohne dass man zuvor runterschalten müsste. Im Zusammenspiel mit dem Powerplus fliegt die vier Kilo leichtere MT-09  noch impulsiver über den Asphalt. Schön ist, dass der CP3 seinen bisherigen Charakter absolut behalten hat. Die Vibrationen sind wie zuvor in einem angenehm bescheidenen Ausmass vorhanden.

Der neue elekrtonische Gasgriff (Accelerator Position Sensor Grip), der dem des Supersportlers R1 ähnelt, harmoniert bestens mit der elektronischen Drosselklappensteuerung (YCC-T). Der Griff fühlt sich absolut natürlich und direkt an, was präzises Gasgeben bzw. -wegnehmen, je nach Situation, zulässt. Selbst im schärfsten Fahrmodus (es gibt neuerdings vier) sind die bisher kritisierten starken Lastwechselreaktionen verschwunden.

Serienmässiger Blipper

Als die Kurven immer enger werden, die Strecke zeitweise gar zum Slalom mutiert, erfreuen wir uns besonders des zweiten Ganges, der, wie auch der erste, nun kürzer übersetzt ist. Er ist hier die erste Wahl, um in engen Kurven satt am Gas zu hängen und auf den kurzen Zwischengeraden ordentlich Schub zu geben.

Sind die Zwischengeraden mal etwas länger, schalten wir aus reiner Freude am neuen, serienmässigen Blipper. Der bidirektionale Schaltautomat der neuen MT-09 funktioniert tadellos. Sowhol das Rauf- als auch das Runterschalten erfolgt absolut hakel- und ruckelfrei. Verschalter blieben ebenso aus. Die seilzugbetätigte Rutschkupplung ist dank Assist-Funktion ohne viel Handkraft bedienbar und sie lässt sich beim Anfahren bzw. im städtischen Stop-and-go gut dosieren.

Fortschritt beim Chassis

Einen neuen Meilenstein stellt das Fahrwerk der 2021er MT-09 dar. Bei den Federelementen haben die Verantwortlichen besonderes Augenmerk auf das hintere Federbein gelegt. Denn das bisher verbaute Teil stand in der Kritik, da es bei besonders engagierter Fahrweise auch mal für Unruhe sorgen konnte. Das scheint nun vorbei zu sein. Bei Bedarf lässt sich der zentral verbaute Monodämpfer nach wie vor in der Vorspannung und in der Zugstufe anpassen. An der Front kommt ebenfalls eine neue, um 39 mm kürzere USD-Gabel (beide Federelemente von KYB), die voll einstellbar ist, zum Einsatz. Auch sie hat sich auf unserer Testfahrt über diverse Asphaltverhältnisse sehr gut geschlagen. Beide Federelemente sorgen zusammen mit den bewährten Pneus – Bridgestone S22 – insgesamt für eine satte Strassenlage. Nur bei kurzen Bodenwellen oder starkem Angasen über Kuppen neigt die MT dazu, an der Front leicht zu werden oder gar die Bodenhaftung zu verlieren.

Aber abgesehen davon wieselt die neue MT-09 nun noch flinker und handlicher durch Kurven und bleibt auch auf schnellen Etappen spurstabil. Neben Gabel und Federbein tragen hier auch der neue Haupt- sowie der neue Heckrahmen ihren Teil dazu bei. Der Hauptrahmen aus Alu wurde durch ein verbessertes Gussverfahren noch steifer und verlor zudem 2,3 Kilo Gewicht. Der neue Heckrahmen besteht nun ebenfalls aus Aluminium. Er ist ebenso steifer und ist zudem 1,5 Kilo leichter als der vorherige Heckrahmen aus Stahl. Erneuert wurde schliesslich die Aluschwinge – auch sie ist etwas leichter (250 Gramm) und steifer geworden.

 

Die MT lässt sich sehr präzise fahren, sowohl im weiten wie im engen Geläuf und auch das feinfühlige Reinbremsen in die Kurve macht sie tadellos mit. Aufstellmoment? Ist uns im Flow, in dem wir uns befanden, kein nennenswertes aufgefallen.

 

Neue Nissin-Radialpumpe

Apropos Bremsen: Sie verdienen wie schon bisher Lob. Sie bieten einen klaren Druckpunkt und lassen sich insbesondere dank der neuen radialen, einstellbaren Nissin-Bremspumpe am Lenker noch gefühlvoller als Bisher dosieren. Fading machen wir während unserer gesamten Testfahrt mit sehr dynamischen Abschnitten (und entsprechend vielen Bremsmanövern) keines aus. Und für den Fall der Fälle ist dank neu implementierter Sechsachsen-IMU nun auch ein Kurven-ABS an Bord. Der kurventaugliche Blockierverhinderer ist denn auch nicht das einzige sinnvolle neue Assistenzsystem: Ab sofort verfügt die MT-09 über eine schräglabenabhängige Traktionskontrolle, sowie eine Wheeliekontrolle und eine Slide-Kontrolle die ebenso schräglagenabhängig funktionieren.

Ergonomie

Was die Ergonomie betrifft, so ist nach wie vor Wohlfühlen angesagt. Die MT-09 zeichnete sich schon immer dadurch aus, eine sehr natürliche Sitzhaltung zu bieten, die einen gelungenen Mix aus Sportlichkeit und Entspanntheit bietet. Durch die neu tiefer positionierte kürzere Gabel rückte der Lenker etwas nach vorn, wurde aber gleichzeitig ein wenig nach oben gedreht. Ausserdem wanderten die Fussrasten, die einen sehr guten Halt bieten, leicht nach hinten und oben. Dadurch lehnt man etwas weiter nach vorn und nimmt eine leicht angriffigere Haltung ein. Dennoch blieb auch hier der Charakter der MT-09 erhalten und der Kniewinkel ist nach wie vor angenehm offen, so dass langen Fahrtagen nichts im Wege steht. Die Sitzhöhe blieb mit neu 825 statt 820 mm praktisch identisch. Auch nicht allzu grossgewachsene Menschen haben so einen sicheren Stand am Boden.

Neues TFT-Farbdisplay

Das bisherige LC-Display erfüllte zwar seinen Zweck, doch ist das neue TFT-Farbdisplay der MT-09 eindeutig sexier und insbesondere zeitgemässer. Toll ist, dass auf unnötige Spielereien verzichtet wurde. Buchstaben und Ziffern sind alle gross genug gehalten, so dass auch während der Fahrt eine gute Ablesbarkeit gewährleistet ist. Insbesondere für die Geschwindigkeit, Drehzahl und Gang. Auch die Assistenzsysteme lassen sich gut über das Display einstellen. Und zwar über neue Schalter und Knöpfe, welche sich an beiden Lenkerseiten befinden. Sie haben die bisherigen, fummelig wirkenden Knöpfe (speziell auf der Blinker-/Hupen-Seite) abgelöst.

 

Connectivity? Die Yamaha-Verantwortlichen sprechen bei der MT-09 zwar von Verbindung, doch meinen sie nicht jene zwischen dem Bike und dem Smartphone des Fahrers. Denn eine solche ist (noch) nicht vorhanden, was das Fahrvergnügen aber nicht schmälert. Hingegen ist von emotionaler Verbindung die Rede, für welche das neue Sounderlebnis sorgt. Tatsächlich haben es die Ingenieure geschafft, das bisher ziemlich zurückhaltende Klangerlebnis zu intensivieren. Einerseits durch die geänderte Airbox, über der man sich als Fahrer ja direkt befindet. Andererseits soll gerade auch der neue Underfloor-Auspuff, bei dem zwei Öffnungen die Abgase quasi auf Gesässhöhe ausströmen lassen für eine deutlichere und harmonischere akustische Wahrnehmung des Dreizylinders sorgen als bisher.

Die Yamaha MT-09 SP, die durch ihr hochwertigeres Fahrwerk auch optisch heraussticht.

Die Yamaha MT-09 SP, die durch ihr hochwertigeres Fahrwerk auch optisch heraussticht.

SP-Version und Zubehör

Neben der Standardversion hat Yamaha auch 2021 eine MT-09 SP im Sortiment. Diese kostet mit 11’990 Franken zwar 2000 Franken mehr, doch hat sie auch zwei, drei Zückerli zu bieten. Allem voran ein noch performanteres Fahrwerk, das insbesondere über ein volleinstellbares Öhlins-Federbein verfügt. Und an der goldeloxierten KYB-Gabel lässt sich die Druckstufe für hohe und niedere Geschwindigkeit gesondert einstellen. Ausserdem erfreut die MT-09 SP mit einem serienmässigen Tempomaten sowie optischen Details, die sich von der Standardverion unterscheiden.

Wer an seiner MT lediglich den Auspufftopf ändern möchte, findet den, wie viele andere Teile, im reich bestückten Zubehörsortiment von Yamaha. Ferner bietet Yamaha sinnvoll zusammengestellte Pakete an, die jeweils passendes Zubehör zu einem attraktiven Preis vereinen. Die Preise für diese Packages sind aktuell noch nicht verfügbar. Der Akrapovic-Auspuff kostet als Einzelteil 1790 Franken.

2021er Yamaha MT-09 Akrapovic-Auspuffanlage.

Wer auf eine klassische Auspuff-Optik Wert legt, der findet mit dieser Akrapovic-Anlage einen angemessenen Ersatz fürs Original.

Fazit

Unser Erstkontakt mit der Yamaha MT-09 der dritten Generation (sie wurde 2013 lanciert und 2017 erstmals umfassend geupdated) fiel durchwegs positiv auf. Natürlich haben wir mit kritischem Blick auch ein, zwei Details gefunden, die bei einer sanften Modellpflege verbessert werden könnten. So zum beispiel die durch die neue schlanke Lampenmaske exponierte Hupe mit frei sichtbaren Steckverbindungen. Die gehörte nun wirklich an einen anderen Platz. Der Kupplungshebel ist nach wie vor nicht einstellbar, wobei wir angesichts des serienmässig verbauten Blippers hier einfach mal drüber hinwegsehen. Und schade ist ferner, dass nicht auch die Standard-Version einen Tempomaten erhalten hat.

 

Abgesehen von diesen wenigen Details kann die neue Yamaha MT-09 durchwegs überzeugen. Mit einem Preis von knapp unter 10’000 Franken bietet sie sehr viel Motorrad fürs Geld, vor allem, was die Performance betrifft. Wir freuen uns jetzt schon auf weitere Fahrten mit ihr, insbesondere auf den ersten Vergleichstest…

 

Weitere Details zur Standard-MT und zur SP-Version

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