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CFMoto 800MT im Test

CFMoto 800MT

Die CFMoto 800MT mit österreichischer Motortechnik und selbstbewusstem Auftreten stellt sich in Spanien unserem Test. Einen „Billig-Bonus“ gibt’s dabei diesmal nicht.

Die letzten Jahre sind neue chinesische Motorradmarken wie Pilze aus dem Boden geschossen. Selbst für Branchenprofis ist es nicht immer einfach, bei dem Wildwuchs den Überblick zu behalten. Es gibt sogar Hersteller, bei denen nicht mal so klar ist, wie genau man deren Namen ausspricht. CF Moto ist da etwas anders und hat eine gewisse Geschichte. Hierzulande ist die Marke vor allem durch robuste ATVs und spassige Side-by-Side-Vehikel bekannt. Seit ein paar Jahren wird aber auch das Motorradsortiment laufend ausgebaut. Im Zuge der vertriebstechnischen Neuorganisation hatten wir nun Gelegenheit, der hubraumstärksten Vertreterin CFMoto 800MT im andalusischen Um- und Hinterland von Almería ausführlich auf den Zahn zu fühlen.

 

Noch ein paar Worte zur Herangehensweise. Die meisten der beschriebenen Hersteller ohne Historie verkaufen ihre Produkte in erster Linie über den Preis. Gefolgt vom, etwas mitleidig belächelten, Resümee: «Für den Preis bekommt man ziemlich viel Motorrad, das sich (mehr oder weniger) auch o.k. fährt.» Doch hier und heute soll das nicht die Messlatte sein, denn obwohl der Preis zweifelsfrei attraktiv ist, testen wir diese 800er ohne Billig-Vorurteile. Sie soll einfach zeigen, was sie kann, wie sie sich fährt und wo ihre Stärken oder Schwächen liegen. Wir sind gespannt.

Zwillinge – CFMoto 800MT Sport und Touring

Zur Einordung: Es gibt zwei Varianten der CFMoto 800MT (was für Multifunction Touring steht), einerseits die «Sport» und andererseits die «Touring». Von der technischen Basis her unterscheiden sie sich nicht voneinander, denn sie haben eine identische DNA. Ausstattungsseitig gibt es jedoch deutliche Differenzen, welche den Mehrpreis der Touring-Version, immerhin 2000 Franken, ziemlich schlüssig begründen. Die wesentlichen Upgrade-Punkte sind beheizte Lenkergriffe samt Popowärmer für den Fahrer, ein bidirektionaler Quickshifter, ein Lenkungsdämpfer, hübsche Speichenräder, ein Motorschutz samt Hauptständer sowie ein Luftdruckkontrollsystem. Das alles dient in erster Linie der verbesserten Langstreckentauglichkeit beziehungsweise sorgt für einen Komfortgewinn.

 

Doch auch die «Sport» steht für ihren Preis von unter 10 000 Franken sehr gut ausgestattet da … Halt, da wäre ich doch fast wieder in die oben erwähnte «für den Preis»-Falle getappt. Um auf weitere Ausstattungsaufzählungen verzichten zu können, fliessen im Laufe des Testberichts eh die meisten technischen Gimmicks mit ein.

 

CFMoto 800MT Sport

Die Sport-Version mit Gussrädern verzichtet auf einige Ausstattungsmerkmale, ist für unter 10 000 Franken dafür ein echter Preisknaller.

Erwachsener Auftritt

Attraktivität liegt grundsätzlich im Auge des Betrachters, doch live machten diese beiden CFMoto 800MT echt was her. Insbesondere die golden lackierten Felgen verleihen der «Touring» einen optischen Extrabonus. Überraschend «europäisch» wirkt das Design und auch die verwendeten Materialien scheinen nicht von der Billigplastiksorte zu sein. Im Detail betrachtet, könnte der Motorschutz etwas robuster, elektronische Bauteile besser geschützt und die Bedienelemente hochwertiger sein. Doch insgesamt steht ein wertiges, erwachsenes Motorrad vor einem, welches Lust auf die erste Fahrt macht.

 

Der Sattel, mit einer für Reiseenduros moderaten Sitzhöhe von 825 mm, ist geentert. Wow, echt bequem die Sitzposition, lediglich der Lenker könnte für Kleingewachsene eine Spur zu hoch beziehungsweise die Riser könnten etwas zu lang sein. Für mich mit 183 cm passt’s jedoch perfekt. Der im Beinbereich schön schmal gehaltene Tank vermittelt eine angenehme Kompaktheit, welche dem Kontrollgefühl sowie der Bewegungsfreiheit dienlich ist. Doch, doch, vom ersten Eindruck her könnte ich mir einen langen Tag im Sattel dieser 800er schon mal vorstellen.

Gutmütige Agilität

Bei frühlingshaften Temperaturen geht es über Landstrassen zügig den Bergen entgegen. Und was die spanischen Strassenbauer da für Asphaltbänder zwischen die Felsen hineingebaut haben, verdient Ruhm und Ehre. Kurven aller Art, nicht zu schmal und nicht zu breit, mit herrlicher Aussicht, mitten in der menschen- und verkehrsarmen Landschaft. Das einfach am Rande, als Tipp für den nächsten Winter-Motorradurlaub. In diesem herrlichen Geläuf lassen wir die CFMoto 800MT jetzt mal ordentlich fliegen. Das teilweise zu Unrecht als fauler Kompromiss angesehene 19-Zoll-Vorderrad vermittelt ein transparentes, stabiles Feedback zum jeweiligen Gripzustand der eher strassenorientierten Maxxis-Bereifung. Überhaupt, das Fahrverhalten überrascht durchwegs positiv. Die beinahe voll einstellbaren KYB-Federelemente bieten einen guten Mix aus Stabilität und Komfort – hier ist definitiv kein «Billig-Gummifahrwerk» verbaut. Mit wenig Kraftaufwand folgt die CF intuitiv der Blickführung, ohne Tücken oder Unberechenbarkeiten.

 

CFMoto 800MT

Das Fahrwerk bietet genügend Support auch für sportliche Ausfahrten.

 

Bei dem angeschlagenen zügigen Tempo kommen die Bremsen, insbesondere die vordere Vierkolben-Doppelscheibenanlage, anstandslos und gut dosierbar mit, auch wenn es bergab auf unzählige Kehren zugeht. Top! Das schräglagenabhängige ABS macht seinen Job im Hintergrund und regelt niemals störend, also frühzeitig. Ein weiteres Kompliment gilt der grossen Schräglagenfreiheit, da schleifen die Fussrasten erst, wenn der Pilot (oder natürlich die Pilotin) wirklich mit dem Messer zwischen den Zähnen angast. Vollständigkeitshalber sei noch erwähnt, dass sich der bei der Touring standardmässig eingebaute Lenkungsdämpfer hier weder positiv noch negativ bemerkbar macht.

Österreichischer Twin

Und wie setzt sich der Zweizylinder als Kraftquelle in Szene? Die Gene sind schon mal vielversprechend, denn der 800er stammt direkt von KTMs 790er ab, lediglich die Abstimmung fällt hier zahmer, mit weniger Spitzenleistung aus. Es soll ja ausreichend Abstand zur orangen Organspenderin eingehalten werden. Kraft ist grundsätzlich genügend vorhanden, diese könnte jedoch etwas feinfühliger serviert werden. Sprich, für den Übergang vom Schiebe- in den Lastbetrieb, also beim Gasanlegen, braucht es insbesondere in den unteren Gängen ein sensibles Händchen, damit die Linie am Kurvenausgang nicht durch abrupten Leistungseinsatz einen Knick erfährt.

 

CFMoto 800MT

Die Abstimmung des Twins mit KTM-Wurzeln dürfte noch etwas überarbeitet werden.

Quickshifter gut, aber nicht seidig

Bei der Feinabstimmung des Reihen-Twins gibt es also noch etwas Luft nach oben. Ansonsten schiebt das Triebwerk auch aus tiefen Drehzahlen mit Nachdruck vorwärts, untermalt von einem satten, aber nicht übertrieben lauten Sound. Hier geht beides, schaltfaules Dahingleiten wie auch aktives Ausdrehen der Gänge. Apropos schalten: Der Quickshifter, welcher bei der Touring ein kupplungsfreies hoch- wie runterschalten ermöglicht, funktioniert gut, aber nicht ganz so verschliffen, wie es die KTM-Mutter kann. Insgesamt also ein feiner, unterhaltsamer Motor, welcher sehr gut zu dieser Mittelklasse-Reise­enduro passt.

 

Das grösste Fragezeichen wird von der fehlenden Traktionskontrolle aufgeworfen. Die dafür nötige Technik sowie das Know-how wären zweifelsfrei vorhanden. Wurde an dieser Stelle etwa der Rotstift angesetzt? Dieses elektronische Fangnetz würde einer Reise­enduro, welche potenziell durch Wind und Wetter gescheucht wird, zweifelsfrei stehen.

Zügig Strecke machen

Auf dem Rückweg aus den Bergen geht es ein gutes Stück auf der Autobahn zum Ausgangspunkt zurück. Da soll die Windschutzscheibe zeigen, was sie kann, wofür ich sie auf die oberste Position stelle. Oder dies zumindest versuche. Beim vermeintlichen Lösen der beiden Drehknöpfe zur Scheibenverstellung komme ich, wie auch andere Journalisten, ins Grübeln. Rechts geht das problemlos, links jedoch nicht. Bei keinem der Testexemplare. Ein Techniker von CFMoto lüftet das Geheimnis: Auf der einen Seite ist ein Rechts- auf der anderen Seite ein Linksgewinde verbaut. Bedingt logisch, aber egal, so klappt es. Und wenn man das einmal weiss, ist es auch kein Problem mehr.

 

Scheibe

Die Scheibe kann – wenn man weiss, wie’s geht – in der Höhe eingestellt werden.

 

Na dann, rauf auf die Bahn und Zunder geben. Auch bei Tempo 120 plus ist der Windschutz noch richtig gut, zudem hat der Motor bei diesen Geschwindigkeiten noch genügend Kraftreserven, um souverän Kilometer für Kilometer abzuspulen. Das im Zubehörprogramm erhältliche Kofferset steht beim Test leider nicht zur Verfügung, denn es wäre spannend gewesen, zu erleben, wie sich die CFMoto 800MT damit bei höheren Geschwindigkeiten fährt, beziehungsweise ob diese ausladenden Anbauteile einen negativen Effekt auf die Stabilität haben. Im jetzigen Zustand, also ohne Gepäckboxen, gibt es diesbezüglich absolut nichts zu kritisieren: Das Bike fährt trotz Gegen- und Seitenwind wie an der Schnur gezogen geradeaus. Ausstattungstechnisch sei hervorgehoben, dass beide Modellvarianten serienmässig über einen Tempomaten verfügen, welcher einwandfrei funktioniert und wesentlich zum Langstreckenkomfort beiträgt. Lediglich die Bedienung an der linken Lenkerarmatur könnte etwas ergonomischer gestaltet sein. Dasselbe gilt für den etwas indifferenten Blinkerschalter.

Im Alltag

Gegen Ende des Testtages gibt es noch die Gelegenheit, im Stop-and-go-Verkehr mitzuschwimmen. Dies bewältigt die CF Moto souverän und stressfrei. Gründe dafür sind unter anderem die schon erwähnt moderate Sitzhöhe, die leichtgängige und gut dosierbare Kupplung sowie das kräftige Anfahrdrehmoment des Twins. Die Menüführung im gut ablesbaren 7-Zoll-TFT-Display braucht zwar etwas Eingewöhnungszeit, setzt aber definitiv kein Informatikstudium voraus.

 

In der City und insbesondere bei griparmen Verhältnissen passt der «Rain Mode» mit gedrosseltem Temperament gut. Ansonsten bin ich immer im zweiten zur Verfügung stehenden Modus «Sport» unterwegs. Über die Qualitäten der formschönen LED-Beleuchtung in Front und Heck können wir leider nichts berichten, da wir ausschliesslich bei Tageslicht auf Tour waren. Ein weiteres wichtiges Thema bei dieser Gattung Motorrad ist die Reichweite, beziehungsweise die Tankkapazität. Mit 19 Litern Fassungsvolumen liegt die CF Moto hier im guten Durchschnitt für eine Reiseenduro der Mittelklasse.

 

Reiseenduro

Das Design der 800MT wirkt durchaus eigenständig.

Einordnung der CFMoto 800MT

Nach dem langen Testtag steige ich entspannt ab, könnte ruhig noch ein paar Stunden anhängen. Ergonomisch wie technisch hat die 800MT Langstreckenkompetenz bewiesen. Der kritische «Billig …, mal schauen, ob die was kann»-Gedanke hat sich nie mehr gemeldet. Der Töff agiert, unabhängig von Herkunft und Preis, auf erstaunlich hohem Niveau und weist keine groben Schwachstellen auf.

 

Für wen könnte die MT also etwas sein? Machen wir die Buchhaltung: Zugänglichkeit? Praktisch vom ersten Kilometer an. Reisetauglichkeit? So was von! Serienausstattung? Check. Fahrdynamik? Das Fahrwerk macht richtig Laune und der Motor hat genügend Power, wenn es nicht eine 150-PS-Keule sein muss. Optik? Relativ ­eigenständig und selbstbewusst. Image? Noch keines, ist aber eigentlich auch egal.

 

Ausserdem stimmt das Preis-Leistungs-Verhältnis. Insbesondere mit der «Sport» bekommt man für einen vierstelligen Betrag ein vielseitig einsetzbares, vollwertiges Motorrad mit einem zuverlässigen Zweizylinder österreichischer Herkunft. Um die Kunden von der Qualität der Produkte zu überzeugen, gibt es vier Jahre Vollgarantie auf alle CFMoto-Modelle. Das zeugt von gesundem Selbstbewusstsein.

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