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Jesko Raffin hat sich aufgerappelt

Eine mysteriöse Viruserkrankung legte den Zürcher Jesko Raffin 2020 flach und kickte ihn aus dem GP-Zirkus, in dem er endlich wieder Fuss gefasst hatte. Im Interview mit moto.ch erzählt der 24-Jährige über die schwierige Phase und wie er sich physisch und psychisch wieder aufgerappelt hat.

 

Über den Moto2-EM-Titel fand Jesko Raffin zum zweiten Mal den Weg in den GP-Zirkus – zunächst als MotoE-­Pilot (2019) und 2020 als Moto2-­Stammfahrer. Eine mysteriöse Viruserkrankung und damit verbundene Schwächeanfälle zwangen den Zürcher jedoch bereits nach drei Rennen, die Saison abzubrechen. Inzwischen hat sich Jesko Raffin wieder aufgerappelt. Im Interview erzählte er von der wohl schwierigsten Phase in seiner Karriere.

 

Jesko Raffin hatte nach zahlreichen Einsätzen als Ersatzfahrer von RW Racing einen Vertrag als Stammfahrer in der Moto2-WM 2020 auf einer NTS.

 

moto.ch: Hallo Jesko, wie geht es dir? Wie steht es um deine Gesundheit?

Jesko Raffin: Sehr gut! Ich konnte zwar vier Monate überhaupt nicht trainieren, und da verliert man die Fitness natürlich. Inzwischen kann ich wieder so trainieren, wie ich mir das vorstelle, baue die Fitness wieder auf und werde kräftiger. Noch bin ich sehr vorsichtig, denn die Angst vor einem erneuten Rückfall, wie ich ihn seit dem Zwischenfall wiederholt hatte, ist noch im Hinterkopf. Ich fühle mich fit und gesund, bin aber noch nicht da, wo ich einmal war.

 

Was war passiert, dass du die ­Saison ­abbrechen musstest?

Nach vier Monaten Corona-­Pause wurde die Saison im Juli in Jerez fortgesetzt. Ich hatte mich während der Rennpause für die kurze intensive Saison fit gehalten. In Jerez hatte ich im Rennen stärkere Ermüdungs­erscheinungen als üblich, doch das erklärte ich mir mit der Spannung und der Hitze. In den wenigen Tagen bis zum zweiten Jerez-Wochen­ende erholte ich mich gut, stellte dann aber bereits im ersten Training am Freitag Ermüdungserscheinungen fest. Bis zum zweiten Training erholte ich mich nicht wie gewohnt und hatte die Energie nicht, um zu pushen.

 

Am Samstag hatte ich Muskelkater und war erschöpft. Wir wollten am Morgen einen längeren Turn fahren, doch trotz angenehmer Temperaturen konnte ich nach neun Runden nicht mehr. Es fühlte sich wie ein Zuckerloch an. Ich stand kurz vor einem Zusammenbruch. Im Qualifying schaffte ich nur drei Runden. Am Sonntagmorgen ging es besser, doch sobald die Sonne wieder drückte, bekam ich Kreislaufprobleme, mir wurde schwindlig. So entschieden wir, aus Sicherheitsgründen nicht anzutreten. Es war eine Riesenenttäuschung.

 

2020 war für Jesko Raffin eine riesige Enttäuschung


Was sagten die Ärzte dazu?

Ich flog sofort nach Hause, wo zahlreiche Untersuchungen durchgeführt wurden, doch abgesehen von ­einem akuten Eisenmangel wurde nichts festgestellt. Alles wurde getestet und nichts gefunden. Auch die regelmässigen Corona-­Tests und der Antikörper-­Test waren negativ. Die Ärzte rieten mir, meinem Körper Zeit zu lassen. Ich war so stark eingeschränkt, dass ich im Treppenhaus nach jedem Stock eine Pause einlegen musste. Wenn ich zu trainieren begann, lag ich wieder drei Tage flach – wie wenn der Körper allergisch auf Anstrengung reagiert hätte.


Als ich mich einigermassen erholt hatte, wollte ich es im September erneut auf dem Töff probieren – ich werfe das Handtuch nicht vom Sofa aus. Ein dreitägiges Rennwochenende ist eine grosse Belastung, also teilte ich meine Kräfte ein und hielt bis am Sonntag durch. Als mir im Rennen nach 15 Runden bei einem Richtungswechsel aber fast schwindelig wurde, fuhr ich sofort an die Box. Das war’s, ich musste den Rest der Saison pausieren.


Eine Erklärung, für die Krankheit hast du aber bis heute nicht?

Nein, die Ärzte gehen davon aus, dass es ein Virus gewesen sein muss, genauer benennen können sie ihn aber nicht. Jetzt bin ich im Aufbau und erhöhe das Pensum nun Monat für Monat statt alle zwei Wochen. Ich habe gelernt, auf meinen Körper zu hören. Ich lege lieber Pausen ein, als einen Rückfall zu riskieren. Ich bin überzeugt, dass ich mich bis zu dem Niveau steigern kann, auf dem ich mal war. Die Frage ist nur, wie lange ich dafür brauchen werde.

 

Raffin ist zuversichtlich, schon bald wieder einsatzbereit zu sein. Einen Startplatz zu finden wird aber schwierig.

 


Werden wir dich also wieder auf dem Renntöff sehen?

Ich habe für 2021 keinen Vertrag, und die Moto2-WM ist ausgebucht. In anderen Meisterschaften gibt es weniger Rennwochenenden, das würde mir momentan sowieso entgegenkommen. Wir klären, welche sinnvollen Optionen es gibt. Doch die guten Plätze sind besetzt. Für 2021 sieht es also eher schlecht aus, einen guten Vertrag zu bekommen. Die Situation ist schwierig.

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