Test: Husqvarna Vitpilen 801

Husqvarna kehrt mit der grossen Vitpilen zurück und hat ihr den LC8c von KTM mit 105 PS gegönnt. Sie wartet weiterhin mit einzigartigem Design auf, begeisterte auf unserer Testfahrt in Südfrankreich mit toller Dynamik und dürfte mit ihrem Preis von weniger als 10’000 Franken ein breiteres Publikum ansprechen.
Nun nimmt Husqvarna mit der Vitpilen 801 mit dem Reihenzweizylinder LC8c mit 105 PS einen neuen Anlauf. Nachdem die neue Svartpilen 801 bereits im Frühjahr eingeführt wurde, konnten wir in Südfrankreich erstmals auch die ab Dezember erhältliche Vitpilen 801 ausgiebig fahren. Sie zeichnet sich unter anderem durch ihre unverkennbare Front mit Bi-LED-Scheinwerfer und LED-Lichtring aus. Gleiches gilt für das neue und aber weiterhin typische Tank Design.
In die Augen stechen aber auch der formschöne, unverkleidete, schwarz lackierte Heckrahmen mit seitlichen Lufteinlässen oder der schmale, schwarz lackierte Schalldämpfer mit unverkennbarem, geripptem Auslass-Design.
- Bi-LED-Projektorlinse mit Leuchtring, typisches Tank-Design.
- Typisches Heck und einzigartiger Auspufftopf.
- Unverkleidetes Heck aus Alu mit seitlichen Lufteinlässen.
Dynamischer Roadster
Auf unserer 280-km-Testfahrt in Südfrankreich überzeugte die neue Husqvarna Vitpilen 801 absolut. Sie sieht nicht nur einzigartig aus, sie glänzt auch mit einer starken Performance und lässt sich richtig sportlich bewegen. Mit ihr lässt sich flink durchs Kurvenrevier pfeilen. Sie gibt sich leichtfüssig, aber doch einfach zu beherrschen und bleibt dabei stets neutral. Sie droht nicht in Kurven zu kippen, stellt über Unebenheiten kaum und auch beim Bremsen in Schräglage nur minim auf. Das schenkt viel Vertrauen.

Die Husqvarna Vitpilen 801 glänzt mit tollem und problemlosem Handling.
Die per Handräder in der Ein- und Auswärtsdämpfung fünffach einstellbare Open-Cartridge-Gabel von WP sorgt für ordentliches Feedback. Dazu tragen auch die Michelin Road 6 bei, die auf der Ausfahrt mit hervorragendem Kaltgrip, toller Haftung beim heissen Ritt, aber auch gutem Nassgrip überzeugten.
LC8c: Eine Bank
Der bekannte 799-ccm-Reihenzweizylinder LC8c, hängt direkt am Gas und begeistert mit viel Dampf aus dem Drehzahlkeller. Bereits ab rund 2000/min beschleunigt er anstandslos, schiebt wenig später schon überraschend kraftvoll an und glänzt mit einer kraftvollen Drehzahlmitte. So ermöglicht er selbst bei zügiger Fahrt frühes Hochschalten bzw. eine schaltfaule Fahrt. Dreht man die Gänge weiter aus, holt die Wheelie-Kontrolle das Vorderrad je nach Fahrmodus (Rain, Street, Sport) früher oder später wieder auf den Boden zurück. Optional ist auch ein Dynamic-Modus erhältlich, bei dem sich die Parameter Gasannahme, Traktionskontrolle, Wheeliekontrolle und Motorbremse individuell anpassen lassen.

Der LC8c mit 799 ccm begeistert mit ordentlich Dampf bereits ab tiefen Drehzahlen und guten Manieren.
Der 790er LC8c erfuhr inzwischen alle Updates des 890er-Twins läuft nun also auch deutlich kultivierter als der erste LC8c. Pierer Mobility hat den 790er-Motor bekanntlich an CFMoto nach China abgetreten und lässt ihre 790er-Modelle dort bauen. So wird auch der Zweizylinder der Husqvarna Vitpilen 801 in Fernost gebaut, ansonsten wird sie aber in Mattighofen (A) produziert.
Bremsen: Positive Überraschung
Hatten wir die J.Juan-Bremsen etwa an der KTM 790 Duke bisher nicht gerade gerühmt, so hinterliessen sie an der Husqvarna Vitpilen 801 doch einen ordentlichen Eindruck. Der bisher oft bemängelte hölzerne Druckpunkt der Vorderradbremse schien speziell hier deutlich weniger ausgeprägt. Kupplungs- und Bremshebel sind einstellbar. Das Gefühl für den Druckpunkt verbesserte sich, je näher man den Bremshebel zum Lenker stellte, wodurch sich offenbar gleichzeitig die Progression der Bremsbetätigung ändert. Die J.Juan-Bremsen machten an der Vitpilen, zumindest in der für mich idealen Hebelspreizung, einen guten Job. Bei richtig sportlicher Herangehensweise könnte man ihr allenfalls das Fehlen der letzten Präzision anlasten, in solchen Situationen übernimmt das Kurven-ABS von Bosch dann aber die letzte Feindosierung.

Die Vitpilen 801 mag es auch durchaus sportlich, wobei Fahrwerk und Reifen einen sehr guten Eindruck hinterliessen.
Dank Assist-Rutschkupplung geht die Kupplungsbedienung und -dosierung zum Anfahren sehr einfach von der Hand. Zum Schalten blieb die Kupplungshand auf unserer Testfahrt am Lenker, denn am Testmotorrad war der optionale Blipper verbaut. Der begeisterte durchwegs und vollbrachte die kupplungsfreien Gangwechsel in beide Richtungen fehlerfrei und geschmeidig. Dass er nicht serienmässig ist, könnte man Husqvarna vielleicht ankreiden, dafür hat die Vitpilen 801 aber einen umso knackigeren Anschaffungspreis: Sie soll in der Schweiz ab Dezember bereits für weniger als 10 000 Franken in Anthrazit und Gelb verkauft werden.
Auch wenn wir auf unserer Ausfahrt mehrheitlich flott unterwegs waren, können wir der Vitpilen dennoch gute Alltagstauglichkeit attestieren. Das Sitzkissen ist ein guter Mix aus sportlicher Straffheit und langstreckentauglichem Komfort. Mit meinen 176 cm kam ich problemlos mit beiden Füssen flach zu Boden und hatte guten Halt. Der Kniewinkel fiel entspannt aus und auch der Benzinverbrauch pendelte sich auf unserer Testfahrt um die 5 Liter auf 100 km ein. Die von KTM angegebenen 4,5 Liter liessen sich mit zurückhaltender Fahrweise wohl problemlos verwirklichen, womit die Reichweite mit dem 14-Liter-Tank auf immerhin gut 300 km steigen würde.

Cooler Auftritt, faszinierende, unproblematische Fahrdynamik – ein durchwegs begeisternder Fahrtag über 280 km Kurvenstrassen in Südfrankreich.
Die neue Vitpilen 801 ist nicht mehr gleichermassen kompromisslos und exotisch wie die bisherige Vitpilen 701. Dafür ist sie umso zugänglicher, alltagstauglicher und dürfte mit dieser Ausrichtung deutlich mehr Erfolg haben. Dies speziell, da ihre Optik weiterhin begeistert und ihr Preis definitiv sehr interessant ist.
Info: husqvarna-motorcycles.com