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Indian Super Chief Limited

Die Super Chief Limited ist eines von drei Sondermodellen, das Indian 2021 zum 100-Jahr-Jubiläum der Chief lancierte. Wir testeten sie on Tour.

Die Indian Super Chief Limited (ab Fr. 25’990.–) ist ein stylischer und auf Lngstrecke getrimmter US-Cruiser mit grossem, luftgekühltem V2 (1890 ccm). Ihre Tourentauglichkeit hat sie auf einigen Hundert Kilometern von Zürich nach Frankfurt und wieder zurück bewiesen. Und zwar sowohl auf kurvigen Landstrassen als auch auf der Autobahn.

Klassische Scheibe mit Wirkung

Bei höheren Geschwindigkeiten geniesst man hinter der serienmässigen, klassischen Windschutzscheibe einen sehr guten Windschutz im Oberkörperbereich. Auch starke Verwirbelungen gibt es nicht. Wer unbedingt will, kann den Schutzschild auch mit ein, zwei Handgriffen entfernen. Aber die Scheibe passt auch optisch so gut zu diesem Bike, dass es dafür kaum einen Grund geben dürfte. So haben die Designer ausserdem darauf geachtet, dass sich der untere geschwärzte Teil der Scheibe mit der ebenfalls schwarzen Halterung perfekt einfügt, da auch Lampe und Gabel in tiefes, glänzendes Schwarz gehüllt sind.

Super Chief Gefühl

Der schön geschwungene Lenker ist ziemlich breit. Genau richtig fürs Cruising und ein cooles Super-Chief-Gefühl. Bei Wendemanövern muss man sich bei vollem Einschlag schon etwas stärker nach vorn lehnen, aber das liegt noch im Bereich des Machbaren… Die gross dimensionierten, weichgummierten Trittbretter bieten cruisertypische Bewegungsfreiheit für Beine und Füsse. Man sitzt relaxed und mit einem recht offenen Kniewinkel. Der wohlgeformte Sattel nimmt einen gut auf und bietet leichten Support.

Hebel nicht einstellbar

Die Hebel für Vorderradbremse und Kupplung sind, wie bei Indian üblich, nicht einstellbar. Typischer US-Style eben. Doch fallen sie recht breit aus und ihre Innsnseite liegt nahe an den Griffen. Dadurch dürften die meisten Fahrer(-Hände) damit klarkommen. Die Spiegel bieten eine erfreulich gute Sicht nach hinten und auch die Schalter und Knöpfe sind bewährter Indian-Standard. Aporopos: Das Rückstellen des Blinkers erfolgt zuverlässig automatisch.

Performantes Rundinstrument

In der Mitte des Lenkers vor dem Tank blickt man auf ein besonders schlichtes, aber auch besonders leistungsstarkes Rundinstrument mit IPS-Farbdisplay und Konnektivität. Beim Start erscheinen, wie bei anderen Indian-Modellen auch, zuerst einmal Markenlogo und Warnhinweise, die gefühlt ewig stehenbleiben. Danach wirds aber erfreulich. Trotz des schlanken Formats findet man alle wichtigen Informationen und kann diese meist auch gut ablesen. Nur bei gewissen Lichtverhältnissen wünschte man sich, man könnte den Winkel der Anzeige verstellen, um den Reflexionen entgegenzuwirken.

Cool ist, dass diverse Anzeige-Einstellungen zur Verfügung stehen. Darunter ist passenderweise auch eine, welche klassische Zeigerinstrumente imitiert. Die verschiedenen Anzeigen und Menüs lassen sich über die Bedienelemente am Lenker aufrufen oder direkt am Display. Es handelt sich nämlich um einen Touchscreen. Die Connectivity erlaubt es, Anrufe zu tägigen oder (mit vorhandenem Headset) Musik zu hören. Bedauerlich ist, dass die Restreichweiten-Anzeige (Range) ab rund 55 verbleibenden Kilometern keine konkrete Angabe mehr macht. Genau dann, wenn es besonders spannend wird.

Vollwertiges GPS

Der „Tacho“ dient sogar als vollwertiges Navi, das ohne Handy-Koppelung funktioniert. Man findet die üblichen Möglichkeiten zur Zieleingabe, darunter auch „Points Of Interest“ wie etwa nächstgelegene Tankstellen. Allerdings ist die Eingabe einer bestimmten Adresse nicht ganz so einfach. Im Netz fanden wir nach Abschluss unserer Testfahrt einen Beitrag, nach welchem die Zieleingabe in der Abfolge zuerst die Adresse mit Hausnummer und dann erst den Ort verlangt. Weitere Tipps zur Navi- und Display-Nutzung findet man auch auf den Websites von Indian: indianmotorcycle.com sowie spezifisch zur Routenplanung unter ridecommand.indianmotorcycle.com. Ebenfalls klassisch verpackt aber mit moderner Technik bestückt ist die Beleuchtung, die rundum LEDs aufweist.

Druckvoll unterwegs

Auf unserer Reise sind wir stets flott unterwegs. Schliesslich gilt es auf dem Hin- wie auf dem Rückweg rund 400 Kilometer zurückzulegen. Jeweils zu einem grossen Teil auf der Landstrasse. Die führt uns auf dem Hinweg durch den Schwarzwald, auf dem Rückweg durch den Odenwald. Hier wie da begeistert der luftgekühlte Thunderstroke-V2-Motor, der ab etwa 1600/min schön rund läuft. Seine mächtigen 162 Nm Drehmoment dorgen dafür, dass die Super Chief der mitswingenden BMW R 1250 GS nie im Wege steht. Übrigens auch nicht auf der deutschen Autobahn. Da sind die 90 PS ideal für ein mittleres Reisetempo von 150 km/h, bei etwas mehr als 3000 Umdrehungen. In der Spitze sind sogar knappe 180 nach Tacho drin. Und die Super Chief zieht bis kurz davor ziemlich satt. Über Power muss man sich bei dem Cruiser definitiv keine Gedanken machen.

Fahrmodi

Über das Display lassen sich zudem drei Fahrmodi wählen, die Einfluss auf das Ansprechverhalten haben: Tour, Standard und Sport. Wir fahren praktisch ausschliesslich im sehr gelungenen Standard-Modus. Er bietet einen ausgewogenen Mix aus ziemlich direkter Ansprache und satter Beschleunigung. Der Sport-Modus geht dagegen recht hart zur Sache. Das Getriebe ist eher auf der gröberen Seite: Man spürt deutlich, wenn die Gänge einrasten. Doch Verschalter haben wir nie.

Stabil und doch handlich

Auch die Strassenlage passt. Selbst bei Highspeed läuft die Super Chief, die über einen klassischen Doppelschleifenrahmen aus Stahlrohr verfügt, noch sehr stabil. Trotz grosser Scheibe. Aber auch in weiten und sogar in engeren Bögen kann das Fahrwerk überzeugen. Klar, ist die Schräglagenfreiheit irgendwann am Ende. Aber geschmeidiger Kurvenswing ist allemal möglich, in engerem Geläuf gibt sie sich sogar überraschend handlich. Und wo man doch mal etwas stärker abbremsen muss, gleicht der bärige Antritt wieder aus. Beruhigend: Wenn es doch zum Aufsetzen kommt, dann kratzt als erstes die hintere rechte Kante des Trittbretts. Und zwar auf beiden Seiten. Die Trittbretter klappen ca. vier Zentimeter nach oben – immerhin. Zudem ist löblich, dass nicht gleich was Rahmenfestes streift. Insgesamt ist das Fahrwerk nicht hypersensibel, bietet aber doch eine satte Strassenlage und ausreichenden Komfort. Harte Schläge werden souverän gefiltert. Die Reifen (Night Dragon GT von Pirelli) harmonieren ebenfalls mit dem potenten Cruiser.

Cruiser-Bremsen

Beim Bremsen ist es wie so oft bei Cruisern: Vorder- und Hinterbremse sind ein gutes Team. Man erzielt aber auch mit beiden einzeln eine ausreichende Verzögerung, wenn man sich auf die jeweilige Bremse eingestellt hat. Das muss man zwangsläufig, wenn man etwa von etwas Sportlicherem umsteigt. So verlangt die vordere Einzelscheibe durchaus etwas mehr Handkraft bzw. den Einsatz von mehr als zwei Fingern. An der Hinterradbremse kommt erschwerend hinzu, dass der Fussbremshebel ziemlich weit oben positioniert ist.

Durchgesylt

Performancebedachte Fahrer könnten zudem anmerken, dass der Super Chief Limited sogar eine zweite vordere Bremsscheibe gut stünde. Dass es die Verantwortlichen bei einer belassen haben, hat natürlich einen Hauptgrund: die Optik. Denn so geniesst man auf der rechten Seite einen freien Blick auf das schöne Rad mit schwarzer Felge und Nabe samt verchromten Speichen. Darüber befindet sich ein dynamisch designtes, schlankes Schutzblech, das gut mit dem Rest des Motorrads harmoniert. Am Heck findet sich denn ein noch knapperer Fender, der den Blick auf den ganzen Hinterreifen freigibt. Nicht einmal das Nummersnschild ist im Weg, da sich dieses links neben dem Reifen befindet. Befestigt ist es am Heckrahmen – eine echt coole Sache! Sowas geht also auch ohne lange und grobe, von der Schwinge ausgehende Ausleger.

 

Auch sonst ist an der Super Chief Limited alles durchdesignt. Farbtechnisch gibt es nur zwei Komponenten: die eigentliche Farbe des Bikes (in diesem Fall rot) für Schutzbleche und Tank und das im wahrsten Sinn des Wortes umrahmende Schwarz für fast alle anderen Teile. Was nicht in Farbe getaucht wurde, erstrahlt in blitzendem Chrom. So insbesondere die dicke Doppelrohrauspuffanlage, die einen satten Sound ins Freie lässt sowie der imposante Motor. Auch der Tropfentank ist wohlgeformt und -proportioniert. Der bemerkenswerterweise nicht abschliessbare Tankdeckel liegt rechtsseitig, in der Mitte findet sich ein schwarzes Kunststoff-Indianerkopfemblem. Auch die Rückspiegel verjüngen sich nach aussen hin zu einem Tropfen.

Serienmässige Satteltaschen

Dank der beiden serienmässigen Satteltaschen wird die Super Chief Limited auch in rein praktischer Hinsicht zum echten Touringbike. Zumindest wer allein reist, findet in den beiden Taschen genügend Platz für das Wichtigste. Zur Not lässt sich ja noch eine Gepäckrolle auf das Soziuspolster schnallen. Die rechte Tasche ist wegen der Auspuffaussparung etwas kleiner. Doch auch hier: Optik geht manchmal einfach vor. Und da können die lederbespannten Kunststoffbehälter definitiv überzeugen. An ihren Aussenseiten findet man dieselben Prägungen – unterbrochene horizontale Linien, die für Dynamik sorgen – wie am Fahrer- sowie Soziussattel. Dazu gibt es fein gemachte Nähte und je Tasche zwei Riemen, die den Klick-Verschluss gekonnt verbergen. Tüpfelchen auf dem „i“ ist der Indianerkopf auf jedem Riemen, den man auch noch an zwei, drei … weiteren Stellen des Bikes findet…

 

Link: Weitere Chief-Modelle zum 100. Geburtstag

Link: indianmotorcycle.ch

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