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Motorrad-Umbau: Was muss man eintragen, was nicht?

Damit beim Motorrad-Umbau kein Frust aufkommt, muss man wissen, was man eintragen muss und was nicht. So erspart man sich Frust.

Motorrad-Umbau bedeutet: Sich stundenlang mit der Technik auseinandersetzen, in die Mechanik eintauchen, sich von der schnöden Serie abheben… Und das Wichtigste: die eigenen Ideen einbringen und den Töff gemäss den eigenen Wünschen und Träumen gestalten. Wer jemals einen Umbau verwirklicht hat, weiss: Das ist Balsam für die Seele eines jeden Töfffahrers.

Was ist zulässig? Die Materie ist komplex!

Was es beim Motorrad-Umbau zu beachten gilt, damit das Umbauprojekt finanziell nicht ins Uferlose ausartet und / oder zeitlich ins Unendliche abdriftet, darüber haben wir schon diverse Ratgeberbeiträge verfasst. Hier geht es nun um einen mindestens genauso wichtigen Aspekt. Denn nichts ist frustrierender, als ein in zig Stunden und mit je nachdem beträchtlichen Investitionen liebevoll gefertigter Umbau, bei dem sich auf dem Strassenverkehrsamt bei der technischen Fahrzeugprüfung herausstellt, dass er nicht zulassungsfähig ist. Wobei selbst Umbauprofis bei der Prüfstelle immer wieder mal mit grossen Augen dastehen. Denn die Materie ist tatsächlich ziemlich komplex.

82 Seiten stark: Die „Richtlinien Nr. 2b“

Das Abändern und Umbauen von Motorrädern ist in der Schweiz offiziell u.a. in einem 82 Seiten starken Dokument geregelt. Die «Richtlinien Nr. 2b» werden von der Vereinigung der Strassenverkehrsämter asa herausgegeben, und sie sind ausschliesslich digital auf asa.ch einsehbar. Eine Druckfunktion – man würde sich ja doch gerne einige wichtige Passagen ausdrucken, anstreichen und in einem Ordner ablegen wollen – gibt es dabei nicht, denn – Zitat – «nur auf diese Weise können wir für alle garantieren, dass stets die von uns aktualisierten, neusten Versionen der Richtlinien konsultiert werden.»

 

Das Zulassungsverfahren

Grundsätzlich gilt: Abgeänderte Töff müssen den Bestimmungen entsprechen, die zur Zeit der 1. Inverkehrsetzung gültig waren. Was nicht heisst, dass keine Modifikationen vorgenommen werden dürfen. Die Betriebs- und Verkehrssicherheit des Fahrzeugs muss dabei jedoch stets gewährleistet sein. Und dies muss – je nach abgeänderter Baugruppe bzw. deren Relevanz für die Verkehrssicherheit bzw. die Erfüllung von Normen – im Rahmen des Zulassungsverfahrens bzw. bei der technischen Fahrzeugprüfung auf dem Strassenverkehrsamt überprüft bzw. belegt werden. Gewisse Aspekte kann der Prüfexperte in Augenschein nehmen bzw. «erfahren», bei anderen muss etwa via Eignungserklärung des Herstellers oder des Importeurs garantiert werden, dass ein Bauteil betriebssicher an genau diesem Fahrzeug verbaut werden darf.

 

Tausch von Handbremspumpen

Ein gutes Beispiel sind hier Fahrwerkskomponenten oder die Handbremspumpe. Nehmen wir den HC3-Bremsgeberzylinder von Magura. Ohne Zweifel eine der besten (und teuersten) Bremspumpen, die der Markt zu bieten hat. In der allgemeinen Betriebserlaubnis (ABE), die auf der Website des deutschen Herstellers downloadbar ist, ist festgehalten, dass die HC3-Pumpe für mein Motorrad freigegeben ist. Schön und gut, doch in der Schweiz hat dieses Dokument in diesem Fall keine Gültigkeit.

Schweizer Eignungserklärung

Denn ein Schweizer Vertriebsakteur muss die Pumpe zunächst bei einer anerkannten Prüfstelle – etwa bei der Dynamic Test Center AG in Vauffelin BE– prüfen lassen, ehe er dem Kunden eine entsprechende Eignungserklärung für sein Motorrad ausstellen kann. Im Falle der Magura-Bremspumpe (HC3 und HC1) ist das unseres Wissens in der Schweiz noch nicht passiert, weshalb diese Produkte an hierzulande immatrikulierten Töff auf der öffentlichen Strasse nicht verwendet werden dürften. Selbst wenn ihre Performance jener der Originalteile deutlich überlegen ist.

Melde- und prüfpflichtige Änderungen

Amtlich ausgedrückt, sprechen wir hier – das trifft übrigens auch auf Anpassungen des Rahmens zu – von «melde- und prüfpflichtigen Änderungen», wobei es hier diverse Abstufungen gibt. Glücklicherweise sind aber auch «nicht melde- und prüfpflichtige Änderungen » in den Richtlinien aufgeführt, was sich beispielsweise auf ausreichend grosse Rückspiegel, Blinker, Verschalungen, Sturzpads oder die eigentlichen Fussrasten bezieht. Allerdings müssen viele solcher Komponenten dann schon auch qualitätsgeprüft sein, was etwa an einer CE-Kennzeichnung erkennbar ist.

Gängige Beispiele an unserer Monster

Leider können wir aus Platzgründen nicht auf alle möglichen Fälle beim Motorrad-Umbau eingehen und beschränken uns daher auf gängige bzw. besonders beliebte Arbeiten. Diese zeigen wir euch nachfolgend exemplarisch an einem Ducati-Monster-Umbau, den wir gerade realisiert haben. Wobei wir auch auf Komponenten bzw. Arbeiten eingehen, die wir nicht verbaut bzw. durchgeführt haben (durch einen Stern „*“ gekennzeichnet).

Motorrad-Umbau: Im Fachhandel sind Profis

Grundsätzlich gilt: Der Fachhandel kennt sich mit der Umbauthematik wohl am besten aus, hat Erfahrung und führt neben den Umbauarbeiten auf Wunsch auch die technische Fahrzeugprüfung auf dem Strassenverkehrsamt durch. Wer dies selber machen will, der oder die muss auf dem örtlichen Strassenverkehrsamt einen ausserordentlichen Termin vereinbaren und dabei den Umfang der zu prüfenden Komponenten / Arbeiten angeben. Die mit Stern „*“ gekennzeichneten Baugruppen wurden an unserem Beispiel-Motorrad nicht geändert.

 

Anpassungen am Rahmen

Für den vorliegenden Heckumbau musste der Heckrahmen gekürzt werden. Hierbei handelt es sich um eine melde- und prüfpflichtige Änderung, wobei der Bericht einer anerkannten Prüfstelle vorliegen muss, der die Betriebs- und Verkehrssicherheit des Umbaus bestätigt.

 

Federbein

Sofern baugleich mit dem Original: nicht melde- und prüfpflichtig. In unserem Fall (mehrfach einstellbar) muss eine Eignungserklärung des Bauteileherstellers bzw. des Importeurs vorgelegt werden. Darauf müssen Gehäuse-, Federnummer und die Fahrzeugdaten aufgeführt sein.

 

Auspuff

Zugelassen sind Systeme, die in der Typengenehmigung des Töff aufgeführt sind, etwa aus dem Originalzubehör. Andere homologierbare Zubehöranlagen müssen nicht eingetragen werden. Allerdings muss die Lieferantenbestätigung des Importeurs in Papierform (!) mitgeführt werden.

 

Bremsleitungen

Das Ersetzen der Leitungen etwa durch Stahlflex ist nicht mehr melde- und prüfpflichtig, sofern es sich um ein Modell ohne ABS handelt. Bei Töff mit ABS gilt dies nur, wenn die Leitungen ausserhalb des ABS-Regelkreises ersetzt werden.

 

Fussrasten*

Nicht melde- und prüfpflichtig, sofern nur die eigentliche Fussraste ersetzt wird. Änderungen an den Basisplatten und / oder dem Gestänge werden durch den Prüfexperten auf dem Strassenverkehrsamt beurteilt.

 

Bremsscheiben*

Ersatzscheiben in der gleichen Bauart, aus dem gleichen Material und mit den gleichen Abmessungen (inkl. Löchern und Form!) wie die Originalscheiben sind nicht melde- und prüfpflichtig. Bei anderer Bauart oder Abmessungen: Nachweis einer anerkannten Prüfstelle erforderlich.

 

Blinker

Blinker sind nicht melde- und prüfpflichtig. Allerdings muss eine E-Prüfung bzw. eine E-Kennzeichnung am Bauteil vorhanden sein. Dies gilt auch für Kombiblinker mit mehreren Funktionen (etwa Blink-, Rück- und Bremslicht). Wichtig: Sichtbarkeit aus einem 30°-Winkel muss gegeben sein.

 

Bremspumpe und -hebel

Änderungen der Bremsanlage sind melde- und prüfpflichtig. Hier ist eine Eignungserklärung des Herstellers bzw. Importeurs erforderlich. Gleiches gilt, wenn auch nur der Bremshebel (ohne die Pumpe) durch ein nicht originales Teil ersetzt wird. Gilt nicht für den Kupplungshebel.

 

Rückspiegel

Nicht melde- und prüfpflichtig. Töff, die vor dem 14. Januar 2017 eingelöst wurden, können mit nur einem Spiegel links mit einer Spiegelfläche von mindestens 50 cm2 betrieben werden. Bei neueren Töff gilt: zwei Spiegel mit je mindestens 69 cm2 Spiegelfläche.

 

Lenker

Änderungen an der Lenkeinrichtung sind melde- und prüfpflichtig (gilt auch für Riser). Hier ist eine Eignungserklärung des Herstellers / Importeurs erforderlich, und es muss darauf geachtet werden, dass bei maximalem Lenkeinschlag weder Lenker noch Armaturen andere Töffteile berühren.

 

 

Kosten für die Fahrzeugprüfung und weitere Tipps

Technische Fahrzeugprüfung am Beispiel Zürich: Zurzeit (Stand: Sommer 2023) werden pro technische Änderung (Prüfzeit jeweils 22 Min.) Fr. 56.– verrechnet. Eignungserklärungen sollte man sauber ablegen, denn sie müssen bei der technischen Kontrolle vorgelegt werden. Die Herstellerplakette mit der Fahrgestellnummer muss gut ablesbar sein. Im Zweifel via Händler eine neue beantragen. Auch die Motornummer muss gut lesbar sein. Räder sind nicht melde- und prüfpflichtig, sofern Dimensionen und Baumaterial dem Original entsprechen. Andernfalls: Eignungserklärung des Herstellers. Wichtig: Immer genug Raum zwischen Lenker und Töff. Federbein: Der Experte muss Gehäuse- und Federnummer ablesen können.

 

 

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