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Multistrada V4 S Grand Tour 2024 – für die Reise

Mit der neuen Multistrada V4 S Grand Tour bringt Ducati die 170-PS-Über-Reiseenduro mit Vollausstattung.

Noch im Laufe des Septembers 2023 ist die Ducati Multistrada V4 S Grand Tour bei den Händlern zu haben. Und zwar zum Preis von 27’990 Franken. Zum Vergleich: die V4 S gibt es ab 24’390 Franken. Die Grand Tour-Version kostet somit 3600 Franken mehr, doch bekommt dafür auch eine wirklich vollausgestattete Reiseenduro fürs komfortable wie sportliche Touring allein oder auch zu zweit. Gegenüber dem Einzelkauf der enthaltenen Optionen beträgt die Ersparnis ca. 600 Franken. Wir konnten das neue Modell in Norditalien bereits testen.

Vollausstattung

„Ein Motorrad, vervollständigt mit allen Accessoires, um lange Distanzen zurückzulegen“, beschreibt Ducati die Grand Tour-Ausführung. Konkret zeichnet dieses Modell Folgendes besonders aus:

 

  • Front- und Heck-Radarsyste mit Abstandstempomat (ACC = Adaptive Cruise Control) und Totwinkelassistent (BSD = Blind Spot Detection)
  • Reifendruck-Überwachungssystem (TPMS = Tire Pressure Monitoring System)
  • Zusatzleuchten (Nebelscheinwerfer)
  • Hartschalen-Seitenkoffer (Gesamtvolumen: 60 Liter)
  • Zentralständer
  • Griffheizung
  • Sitzheizung für Fahrer und Beifahrer (separat steuerbar)
  • Keyless (Schlüssellose Bedienung des Motorrads) inklusive „Hands Free Fuel Cap“ (Schlüsselloses Öffnen und schliessen des Tankdeckels)
  • Lenkerfixierung ohne Silent Blocks auf der Gabelbrücke für ein direkteres Gefühl für die Strasse
  • Soziuspolster entspricht dem der V4 Rally: Es soll optimalen Support auf langen Reisen bieten und weist, wie der Fahrersattel, eine spezielle Grafik au
  • Um den Fahrer besser vor der Motorabwärme zu schützen, erhielt die Grand Touring an der Schwinge und am Heckrahmen links Hitzeschilde
  • Für Fahrten bei kühlen Temperaturen wurden die Luft-Zufuhrkanäle, die sich unten vor den Füssen befinden und im Sommer den Fahrtwind zum Fahrer leiten sollen, mit schliessbaren Klappen versehen
  • Schliesslich verfügt das Smartphone-Fach auf dem Tank nun über eine aktive Ventilation, um dem Überhitzen des Handys entgegenzuwirken
  • Navigation per „Phone Mirroring“: Via Connectivity (Bluetooth) lässt sich das Smartphone mit dem 6,5-Zoll-TFT-Farbdisplay verbinden, so dass die Route direkt auf dem „Tacho“ angezeigt wird
  • Minimum Preload Funktion: Beim Anhalten bzw. sehr langsamen Fahren reduziert das hintere Federbein seine Vorspannung, so dass das Motorrad sich absenkt und Fahrer den Boden leichter erreichen können
  • Easy Lift Funktion: Ist es aktiviert, öffnen beim Einschalten der Zündung die Ventile der semiaktiven Federelemente ca. drei Minuten vollständig. So werden die vordere und hintere Federung weicher, was das Aufrichten des Motorrads vom Ständer erleichtert

 

Die Ducati Multistrada V4 S Grand Tour macht sich auch beladen gut in den Kurven.

Die Ducati Multistrada V4 S Grand Tour macht sich auch beladen gut in den Kurven.

Styling der Multistrada V4 S Grand Tour

Die Multistrada V4 S Grand Tour hat ferner einen eigenen optischen Auftritt mit speziellen „Grand Tour“-Schriftzügen – z. B. in 3D am Tank in Form der kompletten Modellbezeichnung sowie an den Felgen udn an der Frontverschalung. „Grand Tour“ ist wie das „S“ in Rot gehalten. Dieses Rot findet sich ebenfalls am Heckrahmen, im sportlichen Zierstreifen, der vom vorderen Schutzblech über die Flanken bis in den Tank hineinläuft. Und selbst auf den ansonsten schwarz glänzenden Felgen wird dieser Streifen andeutungsweise nochmals aufgenommen. Auch die übrige Lackierung in Schwarz und Grau ist der Grand Tour vorbehalten.

 

Das grosse TFT-Farbdisplay der Ducati Multistrada V4 S Grand Tour mit Navi-Anzeige via Smartphone.

Das grosse TFT-Farbdisplay der Ducati Multistrada V4 S Grand Tour mit Navi-Anzeige via Smartphone.

Bekannter Antrieb

Am Antrieb wurde nichts verändert: Für jederzeit satten Vortrieb sorgt der wassergekühlte, 66,7 kg wiegende und über eine gegenläufig rotierende Kurbelwelle verfügende V4 mit 1158 ccm Hubraum, der 170 PS (125 kW) bei 10’500/min leistet und ein Drehmoment von 125 Nm bei 8750/min aufweist. Und für Komfort bzw. satte Strassenlage sorgt das in den letzten Jahren laufend weiterentwickelte semiaktive Fahrwerk namens „Skyhook“. Es ermöglicht die Einstellung der Vorspannung per Knopfdruck und das Dämpfungsverhalten (straffer bzw. komfortabler) richtet sich nach dem gewählten Modus – z. B. Tour, Urban oder Sport.

 

Geräumige Hartschalenkoffer mit Rückhaltebändern.

Geräumige Hartschalenkoffer mit Rückhaltebändern.

Elektronik

Selbstverständlich verfügt die Multistrada V4 S Grand Tour auch über eine IMU. Dieser Bewegungssensor, der stets die genaue Lage und Beschleunigungssituation des Motorrad ermittelt, ermöglicht ein umfassendes Elektronik-Paket. So sind neben den bereits genannten Systemen folgende an Bord: Kurven-ABS, Wheelie-Kontrolle, schräglagensensible Traktionskontrolle und Kurvenlicht.

 

Die Autobahn

Zum Auftakt der Multistrada V4 S Grand Tour-Präsentation ging es auf direktem Weg auf die Autobahn, um von der Ducati-Fabrik in Bologna nach Faenza zu fahren. Während der Autobahnfahrt hatten wir die Gelegenheit, den Tempomaten bzw. Abstandstempomaten zu testen. Wir waren als Gruppe mit sieben Motorrädern unterwegs und hier ist festzuhalten, dass der Abstandstempomat verlässlich funktioniert, souverän abbremst bzw. wieder beschleunigt, wenn der Vordermann davonzieht. Allerdings ist der Einsatz bei sehr dynamischer Fahrt – insbesondere in der Gruppe – nur bedingt zu empfehlen. Besonders, wenn etwa auf einer dreispurigen Autobahn oft überholt oder die Spur gewechselt wird. Ausserdem ist beim Versetztfahren zu beachten, dass der Radar dann das weiter vorn fahrende Fahrzeug anpeilt. Grundsätzlich aber funktioniert das System sehr gut und der Abstand kann auch am Lenker mehrstufig eingestellt werden.

 

Wenn sich im toten Winkel ein Fahrzeug nähert, zeigen orange Leuchten in den Spiegelinnenkanten das an.

Wenn sich im toten Winkel ein Fahrzeug nähert, zeigen orange Leuchten in den Spiegelinnenkanten das an.

 

Ebenfalls wertvolle Dienste in diesem Umfeld leistet der Totwinkelassistent. Mittels konstant leuchtenden Warnlämpchen in den Rückspiegel-Innenecken zeigt er die Anwesenheit anderer Verkehrsteilnehmer an, die man ohne Schulterblick übersehen würde.

Praktisch: Navi im Blick

Auch top ist die Spiegelung des Navis auf das TFT-Display, das eine superklare Darstellung bietet. Die Montage eines weiteren Navis erübrigt sich so, sofern man die entsprechenden Apps auf dem Handy installiert hat. Das Gräusch des neuen Miniventilators im Handy-Fach tritt im Stillstand bei eingeschalteter Zündung dank satt schliessender Dichtung nicht negativ in Erscheinung. Allerdings ist der Deckel etwas schwer bzw. mit Nachdruck zu öffnen und zu schliesen. Dies sei bewusst so geändert worden, denn die ursprünglich sehr leichtgängige Öffnungsmechanismus führte dazu, dass sich die Klappe auch bei feinster Berührung öffnete, wenn es der Fahrer vielleicht gar nicht wollte. Das Handyfach bewährt sich auf unserer Fahrt ausserdem als Staufach für die Tickets auf der italienischen Autostrada.

 

Wenn die Navianzeige in Gebrauch ist, erscheinen die übrigen Angaben wie Geschwindigkeit und Drehzahl kleiner darüber. Apropos Display: Wenn das Navi nicht in Betrieb ist, werden neben Tempo und Drehzahl noch diverse weitere Infos angezeigt. Die Ablesbarkeit ist stets top, bei allen Lichtverhältnissen. Ausserdem hat es eine gute Grösse, ist weder zu gross noch zu klein – es harmoniert mit dem Cockpit der Multistrada V4 S Gran Tour. Schalter und Knöpfe sind hinterleuchtet und lassen sich einwandfrei bedienen. Toll auch, dass es für die Fahrmodi sowie die Griffheizung je einen Extraschalter gibt.

Tauglicher Koffer

Die beiden Seitenkoffer lassen sich leicht bedienen. Leider fällt der rechte Koffer deutlich kleiner aus; dies, obwohl der Auspuffendtopf extrem schmal gehalten ist. Dafür sind die beiden Koffer sportlich-elegant designt und trüben die Gesamterscheinung der Multistrada keinesfalls, im Gegenteil. Die über Kreuz schliessenden Rückhaltebänder halten dahinter Verstautes sicher in Position, insbesondere auf der linken Seite, wenn das Motorrad auf dem Seitenständer steht.

Präzise am Gas

Sportlich geht es auch beim Fahren zu. Der Gasgriff lässt sich extrem exakt bedienen, die Gasannahme ist in allen modi ganz feinfühlig – der Einsatz aus dem Schiebebetrieb ist nie harsch. Das haben wir insbesondere am zweiten Tag beim Kurvenswingen von Faenza zurück nach Bologna geschätzt. Der Blipper ist ein Gedicht! Egal, bei welcher Drehzahl arbeitet er beim Hoch- wie beim Runterschalten tadellos, selbst bei ganz tiefen Innerortsgeschwindigkeiten. Hier bietet sich zum Durchbummeln der 4. Gang an. Verharren im 6. quittiert der V4 mit hakeligem Lauf. 2500/min sollten es schon sein, besser 3000.

 

 

Denn eins ist klar: Auch wenn der V4 durch spezifische Abstimmung einen ganz anderen Charakter hat als etwa in der Panigale, für die er ursprünglich entwickelt wurde, so ist es immer noch ein echtes Sporttriebwerk. Und dieses ist immer noch darauf ausgelegt, gedreht zu werden. Der Motor hat keine unangenehmen Vibrationen, zieht von unten raus kräftig und oben umso mehr. Landstrassencruisen zwischen 4000 und 5000 Umdrehungen geht ganz gediegen, über 6000 wird es dann bedeutend sportlich-engagiert.

Präzise in der Spur

Das elektronische Fahrwerk arbeitet hervorragend. Auf unserer herrlichen Route zwischen Faenza und Bologna waren wir auf verschiedensten Strassen unterwegs. Sehr oft auch mit Bodenwellen, Schlaglöchern, Absenkungen etc. Selbst bei engagiertem Tempo bleibt die Multistrada V4 S Grand Tour mit gut beladenen Seitenkoffern stets satt in der Bahn. Das Fahrwerk arbeitet sehr feinfühlig und als Fahrer spürt man sehr genau, was unter den Rädern grade passiert. Apropos: Die standardmässig aufgezogenen Pirelli Trial II harmonieren bestens mit der Reise-Multi, bieten guten Grip und verhalten sich im Schräglage neutral.

 

Bequeme Polster. Der Soziussattel verfügt über eine eigene Sitzheizungssteuerung in bequemer Reichweite.

Bequeme Polster. Der Soziussattel verfügt über eine eigene Sitzheizungssteuerung in bequemer Reichweite.

 

Auch die Brembo-Bremsen lassen sich sehr feinfühlig dosieren, der Druckpunkt ist klar. Anbremsen auf Kurven, Hineinbremsen in Kurven auch mit der Hinterbremse ist kein Ding.

Ergonomie und Komfort

Der Windschutz ist gut. Bei aufrechtem Sitzen kommt auch noch bei hochgefahrener Scheibe Luft zum Fahrer bzw. an den Helm, was besonders im Sommer ein Vorteil ist. Wir haben aber keine störenden Turbulenzen festgestellt. Die Scheibenverstellung ist megaeasy und erfolgt mit nur einem Hebel. Nämlich durch Hochziehen oder Runterdrücken. Dabei löst sich die Arretierung. Selbst auf der Autobahn ist diese Bedienung problemlos möglich.

 

 

Wie viel man von den Luftkanälen, die sich seitlich unten befinden, ist nicht so leicht zu sagen. Allerdings ist das Klima in Fahrt sehr angenehm, wogegen im Stop-and-Go die Hitze des V4 aufgrund des fehlenden Fahrtwinds schon gut zu spüren ist.

 

 

Insgesamt präsentiert sich die Multistrada V4 S Grand Tour als gelungenes Motorrad, das besonders für jene eine interessante Option darstellt, die schon lange von einer Multi V4 träumten und auch mal weitere Strecken zurücklegen oder auch mal bis in den Herbst hinein fahren.

 

Meher zur neuen Multistrada: www.ducati.com/ch/de

Test: Ducati Multistrada V4 Rally: www.moto.ch/test-ducati-multistrada-v4-rally/

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