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Test Suzuki GSX-8R

Suzuki GSX-8R

Nach den reisefreudigen V-Strom-800-Modellen und der nackten GSX-8S bringt Suzuki 2024 auf der gleichen Motorbasis dem aktuellen Trend folgend einen Mittelklasse-Sporttourer. Wir haben der Suzuki GSX-8R auf der Landstrasse und auf dem Rundkurs die Sporen gegeben.

 

Dass sage und schreibe zehn Ingenieure und Designer eigens für die europäische Pressevorstellung der Suzuki GSX-8R von Japan nach Sevilla gereist waren, ist unüblich und zeigt, wie viel Gewicht man in Hamamatsu dem neuen, ab März erhältlichen Mittelklasse-Sporttourer zuschreibt. Wobei die Japaner mit ihrem Engagement sicher nicht falsch liegen, gilt dieses neue, aufstrebende Segment doch als Einstiegstor in die Welt der jeweiligen Marke für junge, sportlich orientierte Menschen. Kawasaki hat es mit der Ninja 650 vorgemacht. Ebenso Yamaha mit der R7, Honda mit der CBR650R, und nun folgt auch Triumph mit der ebenfalls taufrischen Daytona 660. Wobei alle aufgezählten Modelle auch als A2-Varianten zu haben und damit ab 18 Jahren zu fahren sind.

 

Das macht was her!

Ergonomisch fühle ich mich beim Aufsitzen auf die ab 9995 Franken in Blau, Schwarz-Matt und Silber-Rot erhältlichen und konzeptbedingt selbstverständlich vollverschalten GSX-8S schon mal sehr wohl. Straffes, aber üppig proportioniertes Sitzpolster, sportlicher, aber nicht übertrieben enger Kniewinkel, bei 174 cm Körpergrösse kann ich beidseitig entspannt abstehen und das Wichtigste: das mit den Handgelenken abzustützende Gewicht geht absolut in Ordnung. Insgesamt eine sportlich-aktive, aber selbst auf Dauer nicht strapazierende Sitzhaltung.

 

Suzuki GSX-8R

 

Was ich vom Fahrersitz aus sehe, gefällt. Sehr sogar! Die verarbeiteten Materialien wie Kunststoffe, Kabel, Schrauben, Blenden etc. entsprechen dem Preisniveau. Aber Suzuki beherrscht es vorbildlich, diese Werkstoffe fachmännisch zu assortieren. Nichts wirkt billig, während sich die Verarbeitungsqualität gemessen am Kaufpreis echt auf Topniveau bewegt. Man beachte etwa die konstant gehaltenen Spaltmasse, die aufgeräumte Kabelführung oder die gelungene Anordnung aller Bedienelemente. Auch die Aluguss-Schwinge ist ein Augenschmaus. Genauso wie die mächtig wirkende 180er-Walze hinten.

 

GSX-8R: Top-Ausstattung für den Preis

Dann, die Ausstattung: In Bezug auf die Assistenzsysteme, deren Schnittstellen sehr ansprechend und aufgeräumt im 5-Zoll-TFT-Instrument untergebracht sind, kann man sich sicher nicht beklagen. Eine dreistufige Traktionskontrolle ist – wenngleich nicht Schräglagen-affin – genauso dabei wie die drei Riding-Modes A, B und C. Daneben gibt es serienmässig einen Quickshifter sowie eine neue Gabel. Statt des Kayaba-Bauteils der 8S kommt an der 8R ein Pendant von Showa zum Einsatz. Konkret, die Big-Piston-Fork mit «Separate Function». Sie ist 30 % steifer ausgelegt und soll bei höheren Tempi für eine optimierte Stabilität sorgen. Das Zentralfederbein ist in der Basis einstellbar.

 

 

Das bereits angesprochene TFT-Display wirkt ausgesprochen wertig und hübsch, es verfügt über einen automatischen Nachtmodus und ist Kontrast-seitig selbst bei direkter Sonneneinstrahlung sehr gut ablesbar. Einzig Connectivity ist leider nicht verfügbar. Dafür leuchtet die 8R rundum mit LED-Technologie.

Omnipräsenter Twin als Herz der GSX-8R

Jetzt aber los! Auf uns warten 140 Landstrassenkilometer im Umland von Sevilla. Der Reihen-Twin mit 776 ccm, 82,9 PS und 78 Nm Drehmoment verfügt über eine erwachsene, aber alles andere als aufdringliche Klangkulisse mit – dank 270 Grad Kurbelwellenkröpfung – cooler V2-Klaviatur. Einen perfekten Eindruck macht die Kupplung: sehr leichtgängig zu bedienen, fantastisch mit nur zwei Fingern zu dosieren. Auch das Getriebe passt: knackig, präzis, wobei der bidirektionale Quickshifter keinerlei Wünsche offenlässt. Auch im Teillastbereich arbeitet er tadellos und schnell. Beim Runterschalten aus höheren Drehzahlen braucht’s allerdings schon ein bisschen Kraft am linken Fussgelenk.

 

Suzuki GSX-8R

 

Bereits ab 2000/min hängt der Twin sauber am Gas und dreht rund vor sich hin. Das tolle an diesem Antrieb: Er ist ab Schritttempo quasi omnipräsent, wartet bis in den oberen Drehzahlbereich mit sattem Druck auf und beschleunigt die 8R mit Elan aus Radien aller erdenklichen Couleur. Das Drehzahlband ist in seiner nutzbaren Breite ausgesprochen üppig ausgelegt, was viel Schaltarbeit erspart. Genau so muss es sein! Ein druckvoller, absolut zugänglicher und stets sprungbereiter Antrieb, der erwachsen, aber selbst für Einsteiger nicht überfordernd wirkt.

 

Von den drei zur Verfügung stehenden Modi liegt mir der lineare B-Modus auf der geschwungenen andalusischen Landstrasse am besten. Allerdings hat bei der GSX-8R der progressive A-Modus, der bei der Naked-Schwester 8S eher der Kategorie «nice to have» zuzuordnen ist, durchaus seine Berechtigung. Mit ihm gibt sich die 8R spritziger, dreht eindeutig energischer hoch, ist dabei aber nicht etwa unberechenbar. Für Sportpiloten definitiv eine willkommene Option für den heissen Strich. Wir erinnern uns: Die Topleistung wird bei jedem Modus voll freigegeben, variieren tut einzig die Umsetzung der Gasbefehle: progressiv, also antizipierend, bei A, linear bei B und mit einer gewissen Verzögerung bei C.

 

 

Das Thema der Vibrationen ist abschliessend schnell abgehakt: Diese Suzuki manifestiert ausschliesslich Vibes der angenehmen Art. Und auch diese dank der beiden Ausgleichswellen in sehr dezentem Mass.

 

GSX-8R mit erwachsenem Fahrwerk

Was uns zur Kurvendynamik bringt. Innerorts beglückt die 8R ihren Fahrer mit leichtem Handling und ausreichend komfortabler Abstimmung der Federelemente. Alltagsfahrten durch die City sind im Sattel dieser Suzuki also weitab jeglichen Frusts zu meistern. Interessant wird es nun auf der kurvigen Landstrasse, wo die GSX-8R letztendlich zuhause ist: Hier überzeugt sie mit einem sehr gelungenen Mix aus Handlichkeit und Stabilität. Einlenken geht unabhängig von der Radienbeschaffenheit stets harmonisch von der Hand. Und bei schnell gefahrenen, weiten Bögen mit teils gezeichnetem Asphalt vermittelt die 8R viel Kompetenz und damit Vertrauen. Wobei die Frontpartie eine etwas bessere Note zugeschrieben bekommt. Beim Federbein könnten sich Sportfahrer einen etwas breiteren Dämpfungsbereich wünschen. Aber eben, das ist Jammern auf sehr hohem Niveau.

 

Suzuki GSX-8R

In drei Farben ab März 2024 ab 9995 Franken erhältlich.

 

Was sonst noch aufgefallen ist? Bremsen in Schräglage führt bei der 8R kaum zu Aufstellmoment, was immer als Zeichen für ein gelungenes Gesamtsetup zu werten ist. Wobei wir bei der Schubumkehr angelangt wären: Der Druckpunkt gibt sich Einsteiger-freundlich, könnte von Sportfahrern allerdings als etwas zahnlos taxiert werden. Die Dosierbarkeit ist dafür über alle Zweifel erhaben sein. Und die Verzögerungskraft? Zu der kommen wir gleich…

 

Auf dem Track mit der GSX-8R

Suzuki hat uns die GSX-8R auch auf der Rennstrecke serviert, besohlt mit griffigen Dunlop Sportsmart TT anstelle der serienmässigen Roadsport 2. Drei mal 30 Minuten standen auf dem Programm. Korrekt, eine halbe Stunde je Session ist auffällig lang, und ich sagte mir vor dem ersten Turn: «Nach 20 Minuten fahre ich raus, das ist mir zu anstrengend.» Also ziehe ich meine Runden und staune Bauklötze, als nach gefühlt einer Viertelstunde abgewunken wird. Und siehe da: Ich war effektiv eine halbe Stunde draussen. Was sagt uns das? Genau! Dass die GSX-8R absolut zugänglich ist und sich ausgesprochen entspannt auch richtig schnell bewegen lässt! Bei gigantischem Spassfaktor versteht sich! Freilich dürfte man am Trackday auf der Suzuki pausenlos von den Superbikes aufgeschnupft werden, doch darum geht es nicht: Hier stehen keine Rundenzeiten im Vordergrund, sondern der reine Spass am unverkrampften, schnellen Fahren. Wobei auch auf dem Circuito Monteblanco das breite nutzbare Drehzahlband der 8R positiv aufgefallen ist. Die Schräglagenfreiheit kennt natürlich gewisse Grenzen, dafür legt die Bremse vorn eine bombastische Performance an den Tag und wird mit den 83 PS bzw. den 205 Kilo spielend fertig. Respekt!

 

Suzuki GSX-8R

Auch auf der Rennstrecke macht die Suzuki GSX-8R enorm viel Spass!

 

Suzuki GSX-8R – das Fazit

Es ist fast schon beängstigend, wie viel Motorrad man heute für sein Geld in die Garage gestellt bekommt. Die Suzuki GSX-8R ist ein gelungener, zugänglicher und sehr fein verarbeiteter Sport-Allrounder, der jeden Franken des Kaufpreises wert ist und darüber hinaus von City über Landstrasse bis Trackday mit Spassgarantie und Ermüdungsschutz ausgeliefert wird.

 

Suzuki GSX-8R

 

Info: https://moto.suzuki.ch/

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