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Triumph Bonneville Bobber

Die neue Triumph Bonneville Bobber ist einzigartig. Sie ist mit viel Liebe zum Detail – inspiriert von den 1940ern – designt worden. Das sieht und das spürt man.
Etwas Cooleres als die Bonneville Bobber ist derzeit kaum auf dem Markt zu finden – zumindest in serienmässigem Zustand. Und am hier gezeigten Bike entspricht alles der Standardausführung. Bis auf die verbaute Griffheizung, die man im 150 Artikel umfassenden Zubehörkatalog findet. Eine wärmstens zu empfehlende Option, wie wir kürzlich im zehn Grad kühlen Madrid auf der ersten Testfahrt feststellen durften. Sie verhindert wirkungsvoll, dass die Finger allzu klamm werden, und dank Minischalter auf der Innenseite des linken Lenkergriffs stört sie in keinem Fall die Optik. Und die ist bei diesem Bike das A und O – obwohl sich die Bobber auch ganz toll fährt!Zahlreiche Hingucker Die Hingucker an dieser ab Februar/März 2017 erhältlichen Triumph sind zahlreich. Einer der grössten ist sicher der Sattel, der regelrecht über dem hinteren Rahmenende zu schweben scheint. In Wirklichkeit steckt der Sitz auf einer einzelnen, am Rahmen befestigten Schiene, die leicht nach hinten abfällt. Was für eine atemberaubende Konstruktion an einem Grossserientöff! Umso genialer ist das, da es den Triumph-Ingenieuren gelungen ist, Form und Funktion zu verbinden. Die wohlgeformte und auch über längere Zeit sehr bequeme Sitzschale lässt sich nämlich auf dieser Schiene verschieben. Etwa um fünf Zentimeter in der Längsachse, wobei sich durch die Neigung des Trägers zugleich auch die Sitzhöhe verändert. Ist der Sattel also ganz vorn, sitzt man näher am Lenker und am höchsten, ist er ganz hinten, befindet er sich in der tiefsten Position – auf lediglich 690 mm über dem Boden.Und, um das Rätselraten gleich zu beenden: Ja, die Bonneville Bobber, die es ab sehr fairen 13’500 Franken gibt und vom neuen 1200er High-Torque-Reihen-Twin angetrieben wird, ist als reiner Einplätzer konzipiert worden. Die Möglichkeit, doch noch einen Soziussattel zu montieren, gibt es schlicht und einfach nicht.Bobber kommt von „to bob“Die Soloauslegung ist eines der Elemente, das die Bonneville Bobber sehr nahe an den Urgedanken der „Bobber“-Gattung heranführt. Seit ihrem Aufkommen nach dem Zweiten Weltkrieg hat es zwar immer wieder auch zweiplätzige Bobber gegeben. Doch lässt sich insgesamt sagen: je „einplätziger“, desto „bobberiger“. Denn „Bobber“ kommt schliesslich vom englischen Verb „to bob“, das unter anderem die Bedeutung „stutzen“ oder „kappen“ hat.Primär begannen die Enthusiasten in den Anfängen damit, die nach ihrer Ansicht zu grossen Schutzbleche zu kürzen oder ganz abzunehmen, um die Maschinen leichter und sportlicher zu machen. Und weil die Schutzbleche ein derart zentrales Thema sind, lässt die neue Bonneville Bobber auch hier noch Spielraum für einen noch cooleren Auftritt; unter anderem – ganz dem heutigen Zeitgeist entsprechend – mit kompletten Inspirations-Kits.Heck in StarrrahmenoptikEin weiteres Meisterstück in Sachen Design und Ingenieurskunst ist die Heckpartie in Starrrahmenoptik. Ebenfalls eine Hommage an die Begründer der Gattung, als gefederte Hinterräder noch Zukunftsmusik waren. Tatsächlich arbeitet am Heck der Bobber-Bonnie aber eine sogenannte „Käfigschwinge“. Im Grunde eine Zweiarmschwinge, bei der jedoch zwei U-Rohre das Rad von der Achse aus umschliessen. Da sich ihr Winkel jeweils mit dem der Rahmenrohre deckt, entsteht letztlich auf simple Weise die gewünschte Hardtailoptik. Dies hätte jedoch nur die halbe Wirkung, hätten die Ingenieure nicht auch darauf geachtet, die komplette Schwingenaufnahme geschickt hinter den Verbindungsstreben des Hauptrahmens zu verbergen.Die Federung übernimmt ein in der Federbasis regulierbares Kayaba-Monofederbein, das direkt unter dem Sattel verläuft. Diese Anordnung unterstreicht ebenso den Starrrahmenlook und erweckt auf den ersten Blick den Eindruck, es handle sich um einen gefederten Sitz, wie es einst modern war. Erst wenn man das aufwendige Hebelsystem genauer betrachtet, erkennt man, dass das Prinzip dem neuesten Stand der Technik entspricht.Kurze Töpfe für mehr SoundVon den Schwestermodellen Bonneville T120 und Thruxton, die in der Basis über denselben Motor verfügen, wissen wir bereits, dass Triumphs neue Generation der „modernen Klassiker“ auch hinsichtlich Sound keine Wünsche mehr offen lässt. Und, wie erwartet, enttäuscht uns auch die Bobber nicht – im Gegenteil. Ihre „Peashooter“-Töpfe mit abgeschrägten Öffnungen fallen so kurz aus, dass vom frechen Twin-Bollern ganz viel bei den Ohren des Fahrers ankommt. Zudem bestechen auch sie durch ihren frechen Look und ihr hochwertiges Finish in gebürstetem Edelstahl, das sich auch an verschiedenen weiteren Stellen am Bike wiederfindet – etwa am Motor oder der Unterseite des Sattels.Wer in letzterem Platz nimmt, sitzt nicht nur bequem, sondern geniesst auch eine schöne Aussicht. Unabhängig davon, wo man sich gerade befindet. Denn vor einem erstreckt sich der lange, aber sehr schmale Benzintank, gefolgt vom breiten, flach gehaltenen Lenker in silber-mattem Finish und dem schlichten, in der Neigung justierbaren Rundinstrument mit analogem Tacho und Multifunktionsdisplay.Zwischen vier Tank-Lackierungen muss man sich entscheiden: „Competition Green and Frozen Silver“ (bei der handgezogene goldfarbene Linien jeweils Grün und Silber voneinander trennen), „Morello Red“ (dessen Rotton je nach Lichteinstrahlung variiert), „Ironstone“ (mattes Silber-Anthrazit) und „Jet Black“. Das Glanz-Schwarz – stets auch die Farbe von Rahmen und Schutzblechen – stellt die Basis dar, die übrigen Varianten kosten Aufpreis, wobei die Kombi Grün-Silber mit 13 860 Franken (plus 360 Franken) die teuerste Wahl ist.Kleiner Tank, grosser FahrspassBeachtenswert ist auch das Fassungsvermögen des Tanks. Es beträgt nämlich nur gerade 9,1 Liter. Laut Triumph soll dies aber reichen, um die trocken 228 Kilo wiegende Bonnie Bobber und ihren Fahrer über 200 Kilometer weit zu bringen. Damit lässt sich leben bzw. fahren. Und dazu wurde schliesslich auch dieses Motorrad gebaut. Die Verantwortlichen jedenfalls betonten, dass ihnen nicht zuletzt eine gute Fahrbarkeit enorm wichtig war.Also, auf zum Bobbern! Wie das ganze Chassis wurde auch die Antriebseinheit speziell auf die Bobber ausgerichtet. So atmet der Twin hier durch zwei getrennte Airboxen (was die Anordnung des zentralen Federbeins erforderlich machte), die Getriebeausgangswelle wurde angepasst und die neue Gesamtabstimmung sorgt für noch mehr Dampf.So liefert der High-Torque-Motor hier über ein breites Drehzahlband mehr Drehmoment als in der Bonneville T120. Bei 4500 Umdrehungen sind es bis zu zehn Prozent mehr und das maximale Drehmoment liegt zwei Prozent über dem der Schwester. Etwas geringer als bei der T120 fällt dagegen die Spitzenleistung aus – 80 PS bei 6500 Touren stehen hier 77 PS bei 6100/min gegenüber. Allerdings: Bei 4500 Umdrehungen übertrumpft die Bobber die T120 auch in Sachen PS um zehn Prozent.Die Ingenieure präsentieren diese Werte mit Blick auf ihren neuesten Wurf mit Stolz. Zurecht, wie sich beim Erstkontakt herausstellt. Es macht wirklich grossen Spass, mit der Bobber unterwegs zu sein. Egal, ob in der City, wo man immer wieder mal Blicke auf sich zieht, oder draussen auf der gewundenen Landstrasse. Reisst man das Gas (traktionskontrolliert) auf, ist Festhalten angesagt. Der Drehmomentberg lässt die „Bobbie“, welcher zwei die volle Leistung bereitstellende, aber unterschiedlich ansprechende Fahrmodi (Road und Rain) spendiert wurden, regelrecht nach vorn preschen.Die Getriebeabstufung ist dabei sehr lang gewählt, so dass man sich trotz leichtgängiger Anti-Hopping-Kupplung, oft nur in den ersten drei bis vier Gängen aufhält. Innerorts sowieso, aber auch bei flotterer Gangart über Land.Deshalb gehen wir die ersten Kurven auch mit grossem Respekt und stark gedrosseltem Tempo an. Doch bald zeigt sich, dass die hippe Bonnie auch über eine würdige Schräglagenfreiheit verfügt. Und wenn, dann setzen erstmal die hochklappenden Rasten auf.Verzicht auf KompromissePositiv überraschen können auch die konventionelle Teleskopgabel und das hintere Federbein. Sie sorgen jederzeit für eine satte, tiefe Strassenlage und bieten dennoch ausreichende Komfortreserven. Lediglich fiese, harte Schläge muss der Rücken des Fahrers scheinbar ungefiltert hinnehmen. Stabilität und Handlichkeit sind ebenso in einem guten Gleichgewicht. Ob 120 km/h auf der Autobahn oder beschwingt im Gebirge – die Bobbie zickt nie. Zum Vorteil wurde ihr laut den Ingenieuren auch die Tatsache, dass sie als reiner Einplätzer konzipiert worden ist. So hätten die sonst notwendigen Reserven für einen Sozius eingespart und das Fahrwerk von Grund auf optimiert werden können.Den an der Präsentation von einem der Journalisten vorgebrachten Einwand, dass auch die Gewichtsspanne bei Fahrern gross sein könne, liessen sie so nicht gelten. Dies, da man davon ausgehen könne, dass die Differenz bei unterschiedlichen Fahrern immer kleiner ausfalle, als wenn sich eine zweite Person aufs Motorrad setze.Für passenden Strassenkontakt sorgen vorne ein schmaler 19-Zoll-, hinten ein fetter 16-Zoll-Reifen, die in Zusammenarbeit mit Avon Tyres eigens für die Bonneville Bobber entwickelt wurden.Bei den Bremsen (mit ABS) entschieden sich die Verantwortlichen vorne für die Einzelscheibe der T100. Zum einen reiche sie in ihrer Wirkung aus, zum anderen bringe eine Single-Disc den klassischen Look besser zur Geltung. Auf unserer Testfahrt hat sich gezeigt, dass man beste Verzögerungswerte erreicht, wenn man die vordere mit der hinteren Einzelscheibe zusammenarbeiten lässt. Bremst man nur vorne, ist etwas mehr Handkraft gefordert. Zudem könnte der Druckpunkt etwas schärfer definiert sein.Weitere Kritikpunkte? Die sind wirklich schwer auszumachen. Vielleicht, dass wenige Pfützen-Durchfahrten reichen, um eine aufwendige Putzaktion nötig zu machen? Doch kann dies wohl kaum eine Kritik an einem waschechten Bobber sein …

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Triumph Bonneville BobberHubraum: 1200 ccmLeistung: 77 PS bei 6100/minGewicht: 228 kg trockenPreis: ab 13 500 FrankenVerkehrsabgabe: 60 bis 396.90 Fr./JahrMotor und FahrwerkMotor: Flüssigkeitsgekühlter Reihenzweizylinder-Viertakter, SOHC (Kette; 270 Hubzapfenversatz), 4 Ventile/Zyl., Bohrung × Hub 97,6 × 80 mm, 1200 ccm, Verdichtung 10. Elektr. Einspritzung/Zündung, TC, Modi, Rutschkupplung, 6 Gänge, Kette. 77 PS bei 6100/min, 106 Nm bei 4000/min.Fahrwerk: Doppelschleifen-Stahlrohrrahmen, 41-mm-Teleskopgabel, Zweiseitige Stahl-„Käfigschwinge“, Starrrahmenoptik, Monofederbein. Vorne Einzelscheibenbremse ? 310 mm, schwimmende Zwei- kolbenzangen, hinten Einzelscheibe ? 255 mm, Einkolbenzange, ABS. Speichenräder 2.50-19 und 3.50-16. Bereifung 100/90-19 und 150/80-16.Auf den Punkt gebrachtHaben Sie Bobber schon immer fasziniert? Doch mangelte es am nötigen Kleingeld oder an der passenden Basis? Hier erhalten Sie einen bezahlbaren, fahrbaren und trotzdem authentischen Vertreter.+ Druckvoller wie drehfreudiger Motor+ Auf Solobetrieb optimiertes Chassis+ Technik und Optik ergänzen sich gut+ Sattel und Hebel einstellbar+ Sehr eigenständiges Gesamtprojekt- Druckpunkt der Vorderbremse- Kaum Spritzschutz MotorImportTriumph S.A.S. Succursale Suisse, 1217 Meyrin. www.triumphmotorcycles.ch

 

FazitDie Bonneville Bobber legitimiert sich zwar durch den aktuellen Individualisierungs- und Retro-Trend. Doch ist sie nicht einfach eine günstig modifizierte T120. Man sieht und spürt, dass sie in drei Jahren Entwicklung als eigenes Projekt auf die Räder gestellt wurde.
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