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Blaues Wunder von Sherco

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Der französische Hersteller Sherco lud nach Alès (F), um seine 2018er-Enduro-­Modelle zu testen. Uns interessierten ­speziell die homologierten Zweitakter ohne Einspritzung und der 300er-Viertakt-Bestseller.

Grösste Neuheit in der Palette ist die nach dreijähriger Entwicklung vorgestellte Wettbewerbs- Enduro 125 SE-R. Die junge Kundschaft ab 16 Jahren – das Mindestalter für 125er dürfte 2018 auch bei uns gesenkt werden – lockt Sherco mit netten Details wie Elektrostarter, Auspuffblende aus Karbon und WP-Xplor-Gabel mit einfacher Einstellung der Federvorspannung ohne Werkzeug. Ihr Rahmen ist baugleich mit jenem ihrer grösseren Zweitakt-Schwestern 250  SE-R und 300 SE-R, einzig der Radstand (–15 mm) und Lenkkopfwinkel (0,9  steiler) weichen ab. Auch ansonsten sind möglichst viele Teile identisch, um Entwicklungs-, Produktions- und Lagerkosten niedrig zu ­halten.

Euro 4 mit Vergaser

Interessant ist, dass Sherco die Euro 4-Hürde mit Vergaser packte, während KTM die Einspritzung als unumgänglich bezeichnet und die 125er aus Kostengründen nicht mehr homologiert. «Bei unseren Zweitaktern mit elektronischer Auslasssteuerung waren nicht die Abgasvorschriften, sondern das Einhalten der Lärm- Grenzwerte die grosse Herausforderung», erklärt Moto­ren­entwickler Lionel Cabrolier. «Mit der Benzineinspritzung warten wir noch und schauen, wie der Markt auf deren Einführung bei der Konkurrenz reagiert. Die Vergasertechnologie ist günstiger, leichter und weniger anfällig für Defekte», betont Cabrolier.

Viertakter gepflegt

Auch die eben erst überarbeiteten Viertaktmodelle 250, 300 und 450 SEF-R wurden leicht modifiziert: Neue Auspuffführung für besseres Ansprechverhalten in tiefen Drehzahlen, neuer Endtopf (–300 g) für mehr Leistung, neuer Kolben (300 SEF-R) für länge Lebensdauer und bessere Performance, optimierter Ölkreislauf (450 SEF-R) für bessere Wärmeabfuhr. ­Zudem erscheinen alle ­Modelle in neuem Design mit 20 Prozent flexibleren Plastikteilen.

125er-Angewöhnung

Die leichte 125er ist super handlich und macht richtig Spass im Gelände. Auf dem Extrem-Endurogelände «Alès Trêm» hadere ich – kleine Zweitakter bin ich nie gefahren – mit dem schmalen Leistungsband. Bei niedrigen Drehzahlen bleibt man in Aufstiegen hängen, und bei hohen Drehzahlen dreht das Hinterrad durch. Für flüssigere Passagen passt mir die 125 SE-R sehr gut, sie bräuchte mehr Angewöhnungszeit. Viel einfacher fahren sich die grossen Zweitakter 250 SE-R und speziell die 300 SE-R. Die serienmässige Einstellmöglichkeit des Mappings ist gut spürbar. Auf Soft spricht der Motor sanfter an und bleibt dabei kräfteschonender und beherrschbar, während auf «Hard» die Post so richtig abgeht. Fahrwerksmässig funktionieren sowohl die WP-XPlore-Gabel der 125er wie auch die WP-USD-Gabeln der grösseren Modelle einwandfrei. Auch das über Umlenkhebel angelenkte WP-Federbein arbeitet anstandslos.

300 SEF-R überzeugt

Mein Wechsel auf die Viertakter verläuft für mich als gewohnter 250er-Pilot ungewöhnlich, denn bald schon bevorzuge ich die 300 SEF-R. Ihr kraftvolles Drehmoment auch bei tiefen Drehzahlen überzeugt mich bald. Die 250 SEF-R muss höher gedreht werden und wirkt im Drehzahlkeller eher schwach. Die grösseren oszillierenden Massen der Viertakter gegenüber den Zweitaktern beeinträchtigen das Handling, sorgen im Umkehrschluss aber auch für zusätzliche Stabilität. Sie vermitteln mir auf dem sehr trockenen, rutschigen Boden mehr Vertrauen. Die grosse 450 SEF-R habe ich mir bis zum Schluss aufgespart, war dann aber positiv überrascht, wie sanft, gut dosierbar und berechenbar sie zu Werke geht. Die bauartbedingten Nachteile wie höheres Gewicht und trägeres Handling halten sich in Grenzen.

Sherco baut aus

Die 1998 gegründete Marke Sherco ist ein vergleichsweise kleiner Hersteller, konnte die Verkäufe in den letzten Jahren aber kontinuierlich steigern. Die Eröffnung einer neuen Werkhalle in Alès steht kurz bevor. Sie wird die Kapazität von jährlich 5500 auf stolze 22 000 Motorräder steigern. 

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