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Jedem seine BMW K 1600

Der Sechszylinder der K-Modelle von BMW ist identisch, Kraftübertragung, Fahrwerkskonzeption und Designsprache ebenfalls. Dennoch unterscheiden sich die vier Versionen der K 1600 kräftig voneinander. Eine Charakterisierung.

 

Es sind die Luxus-Liner im BMW-Modellprogramm, die vier K-Modelle mit dem mächtigen Reihensechszylinder. Sicher haben sie ihren Preis. Doch dafür erhält man ein Reisemotorrad erster Güte quasi fürs Leben. Und ein vielseitiges obendrein, wie unsere Charakterisierung der vier K-Modelle demonstriert.

 

BMW K 1600 GT

Das Basismodell der Sechszylinder-Baureihe ist seit exakt zehn Jahren im Handel. Die Leistung ist mit 160 PS genauso unverändert wie das üppige Drehmoment von 175 Nm. Nicht grundsätzlich verändert wurde auch der ab mittleren Drehzahlen giftig klingende Sound der zweiflutigen Auspuffanlage – diese Tonlage mit ihrem Suchtcharakter outet die GT-Version als Sporttourer. Denn trotz bequemer Sitzposition, sehr gutem Wind- und Wetterschutz und einer sänftengleichen Federung besitzt die GT nicht nur ein Sportlerherz, sondern auch durchaus sportliche Fahr(werks)-Talente.

 

Sie lässt Bummeln zwar zu, macht es dem Fahrer aber nicht leicht, in diesen Modus zu geraten. Ideale Fahrer sind dynamisch, aber ausgeglichen, haben nicht nur Erfahrung auf schnellen Töff und lieben die schnelle Linie, sondern haben zugleich ihre Hörnerphase hinter sich. Eine K 1600 GT zu überfordern, wird so gut wie niemandem gelingen, der wachen Geistes und funktionierender Sinne ist. Weitaus häufiger ist der umgekehrte Fall: Dass sich der Fahrer überfordert im Bestreben, das Gebotene auch auszunutzen. Wir warnen ausdrücklich! Die 319 Kilo wiegende K 1600 GT ist eine fulminante Fahrmaschine, zugleich hochgenüsslich auch für ein Duo. Der Spass beginnt bei Fr. 26‘190.–. Preis abgebildetes Modell Fr. 28’410.–.

 

BMW K 1600 GTL

Die Luxusversion der bayerischen Sechszylinder vermittelt trotz ihrer vielen konstruktiven Gleichheiten bzw. Ähnlichkeiten ein spürbar verändertes Fahrgefühl. Ein wesentlicher Grund dafür ist die mit 750 mm recht niedrig geratene Sitzhöhe, ergänzt durch den weiter nach hinten gezogenen Lenker. Auch die Gewichtsverteilung ändert sich; das riesige Topcase trägt zum Gewichtsunterschied von fast 30 Kilogramm zur GT allerhand bei. Ganz automatisch ergibt sich dadurch nicht nur eine veränderte Sitz­position, sondern es stellt sich auch eine andere Einstellung des Piloten zum 348 Kilo wiegenden Fahrzeug und zur Umgebung ein.

 

Der ab 2500/min zunehmend aggressivere Auspuffsound will so recht nicht zur leicht reduzierten Fahrdynamik passen, behält aber dennoch seine Suchtgefahr. Das Instrumentarium, 2011 noch hochinnovativ und wegweisend, ­präsentiert sich trotz seiner Fülle bei allen Ks eher als Auslaufmodell. Top sind nach wie vor Bremsen, Federung, das Dynamic ESA der 2. Generation und der Wind- und Wetterschutz. Ach ja: Wenn der Sozius alleine entscheiden darf, wählt er die GTL. Ab Fr. 28‘390.–. Preis abgebildetes Modell Fr. 30’610.–.

 

 

BMW K 1600 Grand America

Die grosse weite Welt jenseits des grossen Teichs ist unstrittig das natürliche Habitat der auf dem Bagger K 1600 B basierenden Grand America, seit 2018 im Programm. Die tropfenförmige Silhouette, die niedrige Sitzhöhe, die weit vorn platzierten Trittbretter – all das fühlt sich nach «California dreamin’» an. Die enorme Elastizität des Sechszylinders wird auf der GA (für Grand America) vom Fahrer weit stärker genutzt als auf GT und GTL: Bei jedem Schaltvorgang muss der linke Fuss sein feines Plätzchen verlassen – es gibt keine Schaltwippe. Aber optionale Trittbretter für den Sozius, der keinerlei Grund zur Klage findet.

 

Die Seitenkoffer einer GTL fassen freilich mehr. Ganz sicher reicht die von BMW voreingestellte Höchstgeschwindigkeit von 162 km/h rational vollkommen aus, wobei sich der GA-Fahrer an diese Restriktion erst gewöhnen muss. Weh tut das aber, wenn überhaupt, ohnehin nur in «Dütschland». Der ideale GA-Fahrertyp liebt weniger das Stilfser Joch oder die Kopfsteinpflaster-Piste durchs Val Tremola, sondern bevorzugt Gotthard-Schnellstrasse oder die San-Bernardino-Route. Ab Fr. 29‘220.–. Preis abgebildetes Modell Fr. 29’400.–.

 

 

BMW K 1600 B

Die Exotin unter den vier K-Versionen bereichert das Modellprogramm seit 2017 und setzt seither unübersehbar Bagger-Akzente. Die Route gen Westen bereitet hat ihr schon 2015 die «Concept 101», Wegweiser zur legendären kalifornische Küstenstrasse. Der niedrige Heckrahmen, die eher sparsamen Seitenkoffer und der kurze Windschild sind allesamt Zeichen ­einer eher BMW-untypischen Denke, die Emotionalität über Funktionalität stellt. So braucht der ideale Bagger-Fahrer zwar keineswegs eine Raupenantriebs-Affinität aufzuweisen, vielmehr sollte er von extrovertiertem Wesen sein, am besten mit verspiegelter Sonnenbrille im wild wallenden Haar.

 

Leistungsfeindlichkeit ist fehl am Platz, Taubheit gegenüber starkem Sound ebenfalls. Auch mit optionaler Rückfahrhilfe bietet sich die K 1600 B nicht wirklich als Genussbike für zarte Damenhände an, denn gut 330 Kilo sind ein Wort. Starke Argumente sind neben dem gewaltigen Triebwerk – man lasse das Wort auf der Zunge zergehen – die serienmässige Exklusivität der K 1600 B. Sie parkt nun wirklich nicht an jeder Strassenecke. Ab Fr. 26‘150.–. Preis abgebildetes Modell Fr. 26’330.–.

 

Info: www.bmw-motorrad.ch

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