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Mike Gwerder steigt in die MX2-WM auf

Gwerder MX2

Mike Gwerder steigt 2023 als vierter Schweizer in die Motocross-WM ein. Der Blitzstarter wird in der MX2-WM um Punkte kämpfen und will sich mit guten Leistungen das WM-Ticket für 2024 sichern.

Der zwanzigjährige Zürcher Unterländer Mike Gwerder (KTM) hat mit seinen Blitzstarts in der 125er- und der 250er-EM schon des Öfteren für eine Sensation gesorgt. Im Spitzenfeld kam er aber wiederholt unter die Räder und wurde durch Unfälle zurückgeworfen. Wegen Verletzungspausen war er konditionell oft nicht auf der Höhe, um Topplatzierungen über die Renndistanz zu bringen.

Für 2023 hat Gwerder fleissig trainiert, ist in Topform und will sich in der MX2-WM beweisen. Im Interview erzählt der ehrgeizige Sport-KV-Lehrling über seinen Werdegang und seine Ambitionen.

 

Gwerder MX2

Mike Gwerder hat den Speed für die MX2-WM, Topresultate brachte er in der EM aber kaum über die Runden. Bild: sevenonepictures

 

moto.ch: Wie bist du zum Motocross gekommen?

Mike Gwerder: Mein Vater und mein grösserer Bruder fuhren bereits Motocross. Das Fahrerlager war quasi mein Zuhause. Mit vier Jahren fing ich mit einer Yamaha PW 50 an zu üben. Mit 7 Jahren bestritt ich mein erstes Rennen: Als der Startbalken fiel, gab es einen grossen Knall. Ich erschrak dermassen, dass ich weinend stehen blieb. Mit meiner ersten 50er KTM fuhr ich dann viele Podestplätze ein, stieg mit 9 Jahren zu den 65ern auf und machte auch da rasch Fortschritte. Ich wurde 65er-Vizemeister und stieg zu den 85ern auf. Bis dahin betrieb ich Motocross nur als Hobby – es war quasi unser Familiensport.

 

Was hat sich dann geändert?

Ich war bei Didi Lacher in einem Trainingslager. Er sah Potenzial in mir und wollte mich weiter fördern. Von da an ging es richtig aufwärts. Bis 2015 fuhr ich in der Schweizer Meisterschaft, doch Didi meinte, ich sei bereit, im ADAC Junior Cup in Deutschland anzutreten. Den bestritten wir dann mit erster Priorität und ich fuhr gleich aufs Podest. 2016 trat ich dort mit Didi Lacher und Unterstützung von Kini Red Bull an.

 

Mike Gwerder MX2

2017: Mike Gwerder (r.) mit Marcel Stauffer (l.) und Rene Hofer im KINI KTM Junior Racing Team. Bild: KTM / JP Acevedo

 

Mit 14 Jahren bist du bereits in die EM aufgestiegen. War das ein grosser Schritt?

Ja, 2017 kam ich ins neu gegründete Kini KTM Junior Factory Team mit Didi Lacher als Teamleiter und trat in der 125er-EM an. Um weiterzukommen, stieg ich immer sehr früh auf, brauchte aber Zeit, um in der Klasse Fuss zu fassen. Leider qualifizierte ich mich im ersten Jahr nur selten für die Rennen. In Frauenfeld qualifizierte ich mich aber über das Last Chance Rennen. Das war ein grosses Highlight.

 

Das Factory Team löste sich nach einem Jahr auf, doch ich machte mit Didi weiter. Ich fuhr im ADAC 125 Junior Cup einige Podestplätze ein, in der 125er EM reichte es öfters für die Top 10. Highlight war wieder Frauenfeld: Ich qualifizierte mich mit Rang 2 und beendete beide Rennen auf Rang 6.

 

Mein drittes Jahr auf der 125er war das beste: Ich kämpfte 2019 im Kini KTM Junior Pro Team im ADAC bis zuletzt um den Titel, fuhr in der EM zweimal Rang 3 ein, musste die Saison aber vorzeitig verletzungsbedingt beendeten. Mein grösster Erfolg war Rang 3 an der Junioren-WM.

 

 

Mike Gwerder MX2

Die FIM Junior Motocross-WM beendete Gwerder 2017 auf Rang 3!

Wie lief der folgende Aufstieg zu den 250ern?

Es war wieder ein grosser Schritt. Ich wohnte beim französischen VRT-Team mit dem ich in der 250er EM antrat. In der Vorsaison brach ich mir das Schlüsselbein und war deshalb schlecht vorbereitet. Ich fuhr regelmässig in die Punkte, wegen eines Oberschenkelbruchs war die Saison früh zu Ende. Da ich keine Resultate vorweisen konnte, war es schwierig, wieder ein Team zu finden. Erst im Januar kam ich über KTM doch noch in das werksunterstützte Team WZ-Racing. Nach einem halben Jahr Verletzungspause kämpfte ich 2021 bald um Top-10-Platzierungen, konnte die EM-Saison problemlos durchziehen und sie auf Rang 10 beenden. Am MX of Nations für die Schweiz zu starten, war sicher auch ein Highlight.

 

Ende 2021 liess ich mir die Platte am Schlüsselbein entfernen, brach es mir im Januar bei einem harmlosen Sturz aber erneut. Ich musste wieder operieren und konnte vor der Saison nur drei Tage auf dem Töff trainieren. Das erste Rennen 2022 begann mit einem Holeshot. Ich hatte den Speed, um das Feld über fast das halbe Rennen anzuführen. Irgendwann liessen die Kondition und die Konzentration aber nach. Das zog sich während der Saison über weite Strecken so durch. Im ADAC stürzte ich nach einer Kollision beim Start an zweiter Position und wurde ziemlich oft überrollt. Ich hatte starken Prellungen und einen gebrochenen Arm, der operiert werden musste. Weil ich zu früh wieder trainierte, plagten mich die Schmerzen noch lange. Die Saison zu beenden, war aber keine Option, denn ich musste Resultate bringen, um auch künftig noch fahren zu können. Ich bin froh, dass ich nach diesem Jahr, noch einen Platz in der WM erhielt.

 

Gwerder MX2

Im WZ-Racing-Team blühte Gwerder zu Bestleistungen auf. Verletzungen warfen ihn aber immer wieder zurück. Mit diesem Team steigt Gwerder nun in die MX2-WM auf. Bild: sevenonepictures

 

Wie kam es trotz fehlender Topresultate zum Aufstieg in die WM?

KTM Österreich und KTM Schweiz gaben mir die Chance, mich im WZ-Team in der WM zu beweisen – ein Traum geht in Erfüllung. Trotz der Hilfe von KTM bin ich aber auf finanzielle Unterstützung angewiesen, weshalb wir weitere Sponsoren suchen. Ich habe mich körperlich gut vorbereitet und ordentlich Muskeln zugelegt, um gut gerüstet und weniger anfällig für Verletzungen zu sein. Nach fünf Monaten Pause hatten wir über den Jahreswechsel erste Tests mit dem neuen Töff. Nun geht es noch für einige Wochen nach Sardinien zur intensiven Vorbereitung.

 

Deine erste WM-Saison wird also in Sardinien beginnen. Liegt dir die Strecke in Riola Sardo?

An der EM hatte ich da zweimal den Holeshot gebucht, mit der Strecke war ich aber nicht optimal zurechtgekommen. Dort werden wir nun trainieren.

 

Gwerder EMX250 Riola Sardo

Kann Mike Gwerder auch in der MX2-WM in Riola Sardo seine Sensationsstarts zeigen?

Das zweite Rennen wird bereits Frauenfeld sein.

Ich freue mich jetzt schon riesig und kann es kaum erwarten, das erleben zu dürfen!

 

Patrick Kalberer ist seit langem dein Begleiter. Wie kam es dazu?

Wir kennen Pädi durch meinen Vater schon ewig. Er ist seit 2015 mein Mechaniker und an allen Rennen dabei. Wir sind ein eingespieltes Team. Ich bin sehr dankbar dafür, dass er stets an meiner Seite steht.

 

Wie gelingen dir deine sensationellen Starts?

Bis zu den 250ern war ich am Start fast eine Niete. Doch seit ich im WZ-Team bin, läuft es einfach. Ich trainiere die Starts bewusst nicht besonders viel. Es ist bei mir einfach im Gefühl.

 

Mike Gwerder Möggers 2022

Beim „Heimrennen“ des ADAC in Möggers (A) feierte Gwerder den Sieg. Bild: sevenonepictures

Was würdest du als deine Stärke bezeichnen? Woran musst du noch speziell arbeiten?

Auf dem Töff sind es die Technik und meine Starts. Die Kondition war bisher eine Schwäche. Es war schwer zu verstehen, weshalb es mit den Verletzungen im wieder mich traf. Doch ich blieb dran und arbeitete mich immer wieder hoch, denn meine Motivation und mein Wille, stärker zu werden, sind sicher auch Stärken von mir.

 

Gwerder MX2-WM

Mike Gwerder steigt 2023 mit dem Team WZ-Racing in die MX2-WM auf. Bild: sevenonepictures

 

Wir wünschen viel Glück, eine verletzungsfreie Saison und dass du deine Stärken in der WM beweisen kannst!

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