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Semiaktiv: Aprilia Tuono V4 1100 Factory SAS

Aprilia hat seinem ultimativen Naked-Bike, der Tuono V4 1100 Factory, ein semiaktives Öhlins-Fahrwerk spendiert. Unser Fazit nach der ersten Testfahrt in den Bergen um Trento im Südtirol: Top!

Die Aprilia Tuono V4 1100 und ihre vollverkleidete Schwester RSV4 1100 schneiden bei Tests seit Jahren sehr positiv ab. Dies liegt allem voran an ihrem genialen V4-Triebwerk sowie an ihren Fahrwerken, welche diese Maschinen zu absolut spassbringenden Fahrmaschinen machen. Neu verfügen beide Top-Versionen über ein semiaktives Fahrwerk von Öhlins.

Piano piano

Wir starten unsere  Testfahrt mit der Tuono V4 1100 Factory SAS (Semi Active Suspension), die ab sofort ab 20’345 Franken erhältlich ist, in Trento im Südtirol gegen 10 Uhr morgens, die Luft ist noch kühl, der Asphalt auch. Stellenweise ist er auch noch feucht vom ergiebigen Regen am Vortag. Zudem sind Bikes und Reifen noch brandneu.

Mittlere Stufe

Wir fahren auf der mittleren Stufe des semiaktiven Modus (A2), der den besten Mix aus Stabilität und Kontrolle sowie aus Straffheit und Komfort bietet. Im Grunde optimal für den sportlichen Kurvenswing auf der öffentlichen Strasse.

Anschmiegsam

Die Tuono schmiegt sich geradezu an den Asphalt an. Selbst bei hohen Tempi gibt die 43-mm-NIX-USD-Gabel von Öhlins noch ein Top-Feedback und vermittelt einen guten Eindruck davon, was unterm 120/70-17-Vorderreifen (Pirelli Diablo Supercorsa) passiert. Auch das hintere TTX-Zentralfederbein von Öhlins gibt alles unter dem 200/55-17-Schlappen (190/55-17 bei der RR-Version) Ablaufende direkt weiter, so dass allfällig auftretende Rutscher unmittelbar registriert werden. Und die kommen auf diesen Strassen, bei diesen Temperaturen und diesen Speeds auch bei vorausschauender Fahrweise mal vor. Gut, dass nach wie vor auf die achstufige Traktionskontrolle sowie die weiteren Assistenzsysteme wie etwa die Wheelie-Kontrolle oder auch das Multimapping-Kurven-ABS (Bosch 9.1 MP) Verlass ist.

 

Direktvergleich

Wie sauber das neue Fahrwerk im semiaktiven Modus wirklich arbeitet, zeigt der Direktvergleich am besten. Die Semiaktivität lässt sich nämlich deaktivieren, so dass man ein konventionelles Fahrwerk erhält, das sich selbstverständlich genauso elektronisch vorabstimmen lässt wie im Semiaktiv-Modus. Mit dem Unterschied aber, dass die Stellmotoren die Dämpfung nicht fortlaufend den wechselnden Strassenverhältnissen anpassen.

 

Präzision

Auch auf konventionelle Weise bleibt die Tuono stabil in der Bahn und lässt sich wie gewohnt präzise dirigieren. Mit E-Kontrolle steigert sich das Ganze aber noch und das Bike liegt noch homogener auf der Bahn. Dies gilt etwa auch für das Rausbeschleunigen aus oder das Reinbremsen in die Kurve, wobei für diese und weitere Fahrsituationen sowohl im semiaktiven als auch im nicht-aktiven bzw. manuellen Modus noch individuelle Einstellungen möglich sind.

V4!

Der Motor ist derselbe geblieben. Gott sei Dank! Er ist etwas vom Besten, was es in der Welt der High-End-Naked-Bikes aktuell gibt. Seine Kraft ist schlicht überwältigend. 175 PS bei 11‘000/min und 121 Nm Drehmoment bei 9000/min. Das Kraftwerk ist so genau richtig.

Getriebe, Bremsen und Ergonomie

Am Ende eines Fahrtages spielen aber immer auch noch die Faktoren Getriebe, Bremsen und nicht zuletzt die Ergonomie eine bedeutende Rolle. Das Getriebe der Tuono ist gut abgestimmt und insbesondere dank des in beide Richtungen sauber und geschmeidig schaltenden Quickshifters auch in engstem Geläuf mit vielen Schaltvorgängen ein Grund zur Freude. Die Bremsen – M50-Monoblocs von Brembo – verrichten einen tadellosen Job, bieten einen klaren Druckpunkt, beissen bei Bedarf giftig, aber bei durchgehend bester Dosierbarkeit, zu.

Knieschluss und Rastengrip

Und schliesslich passt auch das ergonomische Dreieck. Die Tuono engt Menschen – zumindst bis rund 175 cm Körpergrösse – trotz grösster Schräglagenfreiheit nicht ein, bietet genügend Platz auf dem Sattel und Halt auf den Rasten sowie am Tank, der weder zu schmal noch zu breit ist. Letzteres gilt auch für den Lenker. Grösstes Defizit hier ist der nicht einstellbare Kupplungshebel, doch ist dessen Grundauslegung relativ universell und zudem: Mit dem serienmässigen Quickshifter an Bord braucht man diesen Hebel ohnehin praktisch nur zum Anfahren.

 

Was uns auch etwas fragwürdig erscheint: An diesem ansonsten komplett ausgestatteten Töff muss man ausgerechnet das Aprilia-MIA-Kit, das Installations-Kit für die Multimedia Plattform, separat im Zubehör kaufen, um die Connectivity (mittels kostenlos erhältlicher App) nutzen zu können. Nun – ein Detail. Und Style-Fanatiker könnten sich die Frage stellen, warum am 2019er-Update bei der Fahrzeugbeleuchtung ausser am Rücklicht immer noch auf konventionelle (im Wartungsfall jedoch sicher kostengünstigere) Glühlampen gesetzt wird statt auf LED-Einheiten. Ein weiteres Detail, an das man wohl aber nie wieder denken wird, sobald der V4 mächtig brüllt…

Zu unserem Testvideo der neuen Tuono geht’s hier!

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