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Tom Lüthi im Interview: „Es war bitter!“

Tom Lüthi hat ein frustrierendes Jahr in der Moto2-WM hinter sich. Im neuen Team will er 2021 wieder vorn mitmischen. Im Interview mit moto.ch musste er sich teils unangenehmen Fragen stellen.

Die 13. Saison in der mittleren GP-Klasse war für Tom Lüthi (34) die bisher frustrierendste: Rang 5 als bestes Rennergebnis, sechs Nuller und nur gerade Rang 11 im WM-Endstand. Für den Weltmeister von 2005 war 2020 noch bitterer als das punktelose MotoGP-Jahr 2018, denn da hatte er Neuland betreten.

Der erfahrenste Moto2-Pilot

In der Moto2-WM ist Lüthi der erfahrenste Pilot: Er beendete die WM vorher dreimal unter den ersten drei, ist bei 53 Rennen aufs Podest gefahren und war 17-mal der Sieger. Bei den Vorsaisontests hatte der Schweizer zudem eine sensationelle Bestzeit vorgelegt. Wir sprachen Tom Lüthi im Interview auf Gründe, die zur Misere führten und Perspektiven an.

 

Tom Lüthi im Interview ohne Maulkorb aber mit Schutzmaske.

moto.ch: Bei den Vorsaisontests warst du der Schnellste, was lief danach schief? Spielten die neuen Reifen eine Rolle?

Tom Lüthi: Ich kann es leider auch nicht genau erklären. Die Reifen hatten wir bei den Tests schon, und ich bin damit in Jerez 1:40,3 gefahren. Das hatte mit einer Moto2 vorher noch keiner geschafft. Mir ist unerklärlich, weshalb es in Katar nicht mehr funktionierte. Von da an hinkten wir mit dem Setup ständig hinterher und fanden den Weg nicht mehr. Da spielte die Kommunikation und das beidseitige Vertrauen bereits eine Rolle. Im Renn­sport muss man schnell ­reagieren und flexibel sein. Wenn man seinen Weg nicht verlassen will, funk­tioniert das aber nicht. Ich will hier nicht ins Detail gehen, es bringt nichts.

Heisst das, deine Inputs wurden nicht mehr ernst genommen und umgesetzt?

Das geht jetzt aber schon tief ins Detail! Es ging in diese Richtung. In dieser Klasse ist der Kampf sehr eng. Hier kann man nur mit einer engen Zusammenarbeit im Team erfolgreich sein. Da gehören die Inputs des Fahrers, die Ideen des Teams und das Vertrauen dazu. Man muss zusammen eine Lösung erarbeiten und die entsprechende Richtung einschlagen, sonst funktioniert es nicht. Wenn drei bis vier Zehntel fehlen, dann bist du einfach weg.

Du hast im September beim SAG-Team einen Zweijahresvertrag unterschrieben. Ab wann war für dich klar, dass du das IntactGP-Team verlassen willst?

Mit IntactGP war eine langjährige Zusammenarbeit angedacht. Das erste Jahr war mit WM-Rang 3 für beide Seiten ein Erfolg. Als der Erfolg nicht mehr da war, wurde die Stimmung im Team schlechter. Darunter litt auch die Kommunikation, und damit wurden die Probleme immer mehr. Im Rennsport auf diesem Niveau braucht es aber eine enge Zusammenarbeit, ein «Miteinander», und das funktioniert nicht, wenn man im Team nicht wirklich verschweisst ist. Das mussten beide Seiten einsehen, und so kam dann der Wechsel zustande. Das ging dann alles sehr schnell.

 

Tom Lüthi fährt 2021 im SAG-Team. Er übernimmt den Platz von Remy Gardner, der beim Saisonfinale gesiegt hatte.

Hattest du bis zuletzt an ­einen Aufschwung geglaubt?

Nein, denn es hatte ja die ganze Saison schon nicht funktioniert. Wenn dich der 18. überholt und dir einfach davonfährt – das kann es verdammt nochmal einfach nicht sein! Ich war extrem frustriert. Es war bitter, aber jetzt ist es vorbei. Ich weiss, dass ich besser Motorrad fahren kann, und habe die Chance, mit dem SAG-Team wieder nach vorn zu kommen. Ich freue mich, mit diesem Team zusammenzuarbeiten.

Was erwartet dich bei SAG?

Jedes Team hat seinen eigenen Charakter und seine ­Arbeitsweise. Natürlich ist vieles anders, schliesslich habe ich nur meinen Riding Coach Alvaro Molina mitgenommen. Meine neue Crew gewann mit Remy Gardner das letzte Moto2-Rennen. Sie ist gut und hat mich herzlich aufgenommen. Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit.

Wie sind die ersten Tests verlaufen?

Ich fuhr auf Gardners Töff mit dem Basis-Setup. Es lief gut, aber es gibt natürlich noch viel Arbeit – es geht nicht von alleine.

 

Erste Testfahrten auf der SAG-Kalex sind positiv verlaufen.

Was machst du in der Winterpause bis zu den ersten Tests auf der Moto2?

Fitness, Ausdauer und Krafttraining. Ab Januar trainiere ich mit der BMW S 1000 RR, die in Spanien beim Riding Coach steht.

Wie lange planst du noch Rennen zu fahren?

Solange der Hunger noch da ist, kann ich erfolgreich sein. Ich habe immer noch hohe Ziele und spüre, dass ich die auch erreichen kann. Ich bin hochmotiviert und will weitermachen, solange das Feuer in mir brennt.

Hast du schon Pläne – nach der Rennfahrerkarriere?

Natürlich ist mir bewusst, dass ich nicht im Frühling, sondern im Herbst meiner Karriere bin. Momentan habe ich den Fokus aber voll auf dem Rennsport, sonst kann ich da nicht erfolgreich sein. Track Days mit BMW (Bericht hier) finde ich aber eine coole Idee für die Zukunft. Das Wissen habe ich. Wieso es nicht irgendwann weitergeben.

 

Tom Lüthi wird 2021 noch enger mit BMW Motorrad zusammenarbeiten und als Riding Instruktor zum Einsatz kommen.

 

 

Interview: Tobias Kloetzli

Bilder: IntactGP, SAG, BMW

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