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Kawasaki Z650 gegen Yamaha MT-07

In diesem Vergleichstest finden wir ganz schnell heraus, weshalb sich die auf die Saison 2020 hin aufgepeppte Kawasaki Z650 und die Yamaha MT-07 über Jahre hin auf den Topsellerplätzen halten.

 

Wer sich die Verkaufsstatistiken ansieht, findet unsere beiden Testkandidatinnen ganz weit oben. Die Yamaha MT-07 (ab 7790 Franken), die seit 2014 auf dem Markt ist und auf die Saison 2018 umfassend überarbeitet wurde, schaffte es die letzten drei Saisons sogar auf Platz eins der Schweizer Modellhitparade wo sie per Ende Juni 2020 ebenfalls liegt (107o Einheiten). In dieser Saison könnte ihr die Kawasaki Z650 (ab 7990 Franken), die in den letzten drei Jahren auf den Rängen drei und vier zu finden war, wieder zur ernsthaften Gefahr werden. Denn mit ihrem Update erfuhr die Mittelklasse-Kawa ein paar wenige, aber dennoch bedeutende Neuerungen, die insbesondere beim angesprochenen jungen Publikum für freudiges Aufhorchen sorgen dürften (per Ende Juni mit 628 Einheiten auf Platz drei).

 

Kawasaki mit TFT-Technologie…

Wichtigste Neuerung an der Z650 dürfte das hervorragend ablesbare TFT-Farbdisplay mit integrierter Smartphone-Konnektivität sein. Der neue Bildschirm, mit Hintergrundfarbe Schwarz oder Weiss (mit jeweils umgekehrten Ziffern und Buchstaben) sowie mit automatisch an die Umgebung anpassender Helligkeit, ersetzt die auch designtechnisch etwas frühere LCD-Anzeige mit Carbon-Look-Umrandung, die zuletzt doch etwas «old fashioned» (aus der Mode gekommen) anmutete. Die Ablesbarkeit ist top, und auch die Informationsfülle gibt kaum Anlass zu Kritik. Lediglich auf die Anzeige der Lufttemperatur wurde seltsamerweise verzichtet – das nach wie vor in LCD-Technologie gehaltene ­Yamaha-Pendant ­liefert diese Info und ist in Sachen Ablesbarkeit auch nicht im Nachteil.

 

 

…und Handy-Konnektivität

Die Handy-Kopplungsmöglichkeit (über die ­«Rideology-App» von Kawasaki) bietet dem Z-Piloten diverse zusätzliche Möglichkeiten, wenn es etwa ­darum geht, die Fahrt zu analysieren. So lässt sich auf dem Handy später zum Beispiel anzeigen, wann wo welcher Gang eingelegt war und wo man wie schnell unterwegs war (dazu ist die GPS-Funktion des Handys nötig). Ferner zeigt die App Benzin- und Kilometerstand an, und man kann das Datum und die Uhrzeit bequem am Telefon (statt über die beiden Drucktasten des Displays) verstellen. Im Motorrad-Display wird mittels App ausserdem angezeigt, wenn Anrufe oder Nachrichten eingehen – nur direkt entgegennehmen kann man die Gespräche nicht, was aus unserer Sicht aber sogar einen Vorteil darstellt…

 

Design näher an der Z900

Wie es sich gehört, haben die Kawa-Verantwortlichen auch optische Retuschen vorgenommen und der 650er ein neues Gesicht verpasst, das die Verwandtschaft zur grösseren – und auf diese Saison ebenfalls modifizierten – Z900 deutlicher macht denn je. Der nun grimmiger blickende Doppelscheinwerfer, in dem jetzt LEDs strahlen, unterstreicht den verdienten sportlichen Look definitiv noch stärker.

 

 

MT-07-Update à la Tracer 700?

Beim frechen Auftritt steht die MT nun klar im Schatten der neuen Z. Ihr Halogen-Einzelscheinwerfer wirkt im Vergleich geradezu brav und lässt die MT rein optisch zierlicher und – das Auge interpretiert schliesslich mit – schwächer erscheinen. Allerdings darf man auch bei der Yamaha mit einem baldigen weiteren Update rechnen, das sich stark an der für diese Saison erneuerten Tracer 700 orientieren dürfte. Und die sieht mit ihrem «R1-Gesicht» mit den unter der Frontverschalung weit auseinander liegenden Doppelscheinwerfern ja aus wie der «Ober-Hypersportler» unter den Sporttourern. Wir rechnen auf die Saison 2021 mit einer neuen MT-07.

 

Update der MT-07 für 2021 erwartet

Diese dürfte wie die Tracer auch von einem Fahrwerksupdate (einstellbare Federelemente) profitieren sowie die Umstellung auf Euro 5 mit sich bringen. Letztere bescherte der mit demselben Motor ausgerüsteten Tracer eine leichte Leistungsabnahme von 75 auf 73,4 PS, die man aber nicht spürt. Der sehr fein und vibrationsarm laufende Crossplane-Twin mit unregelmässigem Zündabstand (270 statt 180 Grad Hubzapfenversatz) wurde dadurch in der Mitte sogar noch druckvoller, und die Gasannahme wurde noch feiner. Über Letztere kann man sich aber weder bei der aktuellen MT-07 noch bei der Z650 beklagen. Beide gehen stets ruckfrei aus dem Schiebebetrieb wieder ans Gas. Was die Kultiviertheit angeht, hat der konventionell konzipierte Reihenzweizylinder der Kawa das Nachsehen. Er sendet deutlich spürbarere Vibrationen zum Fahrer.

 

 

Beide Antriebe haben Pepp!

Fürs engagierte Kurvenwetzen auf kleinen Regionalstrassen, auf denen wir anlässlich dieses Tests unterwegs sind, sind beide Twins wie geschaffen. Sie sind sehr drehfreudig und bieten dank einem früh erreichten hohen «Drehmomentplateau» bereits reichlich Druck in der Drehzahlmitte. Nur hart rangenommen – etwa bei voller Beschleunigung am Berg – fühlt sich der aufgrund seiner unregelmässigen Zündfolge auch anders, durchaus frecher klingende CP2 stets einen Tick kräftiger an als der Kawa-Twin, der im Rahmen der Modellpflege ebenfalls eine geänderte Feinabstimmung erhalten hat und dadurch in der Mitte noch etwas erstarkte. Aufgrund dieses kleinen Leistungsunterschieds dürfte die MT der Z auf der Strasse aber nicht wirklich davonziehen. Und im Alltag dürfte die Power auch nicht der springende Punkt sein.

 

Kawa: Sound Engineering

Apropos Sound: Klangtechnisch hat die Z durchaus was zu bieten. Die Kawa-Ingenieure betreiben inzwischen nämlich auch umfangreiches Sound Engineering mit dem Ziel, auch ohne wirklich lauten Auspuffsound für den Fahrer ein akustisches Erlebnis zu ermöglichen. Das gelingt ihnen auch sehr gut, indem ein sattes Ansauggeräusch beim bestimmten Aufdrehen zum Fahrer dringt, was aber die Umwelt weitgehend unbehelligt lässt.

 

 

Kupplung und Getriebe

Viel wichtiger ist, dass ebenso beide Triebwerke über ein gut abgestuftes und sauber zu schaltendes Getriebe verfügen. Beide Kupplungen sind leichtgängig, wobei sich die Assist-Clutch der Kawa noch etwas easier anfühlt. Zudem punktet sie mit ihrer Anti­hopping-Funktion, was insbesondere beim schnellen Runterschalten im Eilmodus ein Hinterradstempeln verhindert. Ein Plus, das nicht nur von Einsteigern geschätzt wird.

 

Fahrwerk: Der Punkt geht an die Yamaha

Rumpeldibumpel: Wir sind im Zürcher Oberland mal auf besserem, mal auf schlechterem Asphalt unterwegs. Beide Bikes geben sich betont handlich, und hier wie da stellt sich jeweils sofort Vertrauen ein, gut vermittelt zu bekommen, was unter den Rädern gerade passiert. Von der Abstimmung her gibt sich die Kawa sehr universell – gut ausbalanciert zwischen komfortabel und sportlich –, während die Yami etwas mehr auf Sportlichkeit getrimmt ist. Ihre Federelemente reagieren noch einen Tick feinfühliger und verfügen im forcierten Tempo über etwas mehr Reserven. Die MT verfügt denn hinten auch über ein Federbein (Kayaba), an dem nicht nur (wie bei der Z) die Federbasis eingestellt werden kann, sondern auch die Zugstufendämpfung.

 

Bremsen: Die Kawasaki gleicht aus

«Rossbollen voraus!», schreien auf einmal die Augen ins getönte Visier und schon greifen zwei, drei Finger zur Vorderradbremse. Auch diese Disziplin ist für die beiden Mittelklässlerinnen keine Herausforderung, obwohl jede ihre eigene Herangehensweise hat: Die Z-Stopper haben einen deutlich heftigeren Initialbiss, weshalb sie sich von Grund auf kräftiger anfühlen. Bei der MT dagen geht’s am Anfang eher etwas «lasch» zu. Letztendlich sind aber beide vorderen Doppelscheibenbremsen gut dosierbar und erbringen ohne zu viel Handkraft eine satte Bremsleistung, wenn es denn sein muss. Selbst die Hinterradbremsen sind hier wie da nicht bloss Dekoration.

 

Sicher nicht angestrengt

Ergonomisch bitten beide Bikes um eine naked­typische, leicht nach vorn geneigte Haltung. Die Z, auf der man spürbare 1,5 Zentimeter näher am Boden sitzt, baut auch insgesamt etwas kleiner als die MT. Letztere bietet zwar einen engeren Kniewinkel, ist aber sonst vom Feeling her klar die Stämmigere.

 

 

 

Fazit

Die neue Kawasaki Z650 hat nochmals extrem an Attraktivität gewonnen. Sie wurde moderner und erwachsener. In gewissen Dingen gelingt es ihr sogar, der Yamaha MT-07 davonzuziehen. Doch wirklich abhängen lässt sich Letztere nicht – insbesondere, wenn es um die Fahrdynamik geht. Beide Töff sind absolut zu Recht seit Jahren unter den Topsellern zu finden, denn echte Schwächen hat keine der beiden handlichen Mittelklasse-Allrounderinnen.

 

Info: www.kawasaki.ch und www.yamaha-motor.ch

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