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Tom Lüthi: „Jammern auf hohem Niveau“

Tom Lüthi

Kommendes Wochenende steht Tom Lüthi in Barcelona (E) wieder in der Moto2 am Start. Bevor es für den Berner am Donnerstag aber Richtung Süden geht, nahm er sich am Dienstag im Rahmen eines Sponsoren-Anlasses allerdings noch Zeit, mit uns über Barcelona und die aktuelle Saison zu sprechen.

Tom Lüthi fährt 2019 eine seiner stärksten Saisons in der Moto2. Scheinbar problemlos hat er den desaströsen Ausflug in die MotoGP weggesteckt und sich im Nu wieder an die mittlere Klasse gewöhnt. Nach fünf Rennen findet sich der Schweizer auf Platz drei der WM-Rangliste, nur vier Punkte hinter dem WM-Führenden Lorenzo Baldassari. Einen Sieg, einen zweiten und einen Dritten Platz konnte Lüthi dabei bereits verbuchen, in Frankreich reichte es nur für Rang sechs und in Argentinien sorgte ein Sturz für einen „Nuller“. Und doch ist Tom Lüthi nicht ganz zufrieden. Seit nach Austin – hier holte sich Lüthi überragend den Sieg – eine breitere Reifendimension zum Einsatz kommt, kann er nicht mehr ganz mit dem Speed der Schnellsten mithalten.

Liegt es nur am Reifen?

„Darauf läuft’s hinaus, ja. Es ist wirklich diese breitere Reifendimension, die die Balance etwas durcheinander gebracht hat, obwohl natürlich alle damit klar kommen müssen“, meint Lüthi dazu. Gerade in Mugello am vergangenen Wochenende habe er nicht die gleichen Kurvengeschwindigkeiten fahren können wie etwa der spätere Rennsieger Alex Marquez. „Und wenn du – sagen wir – drei km/h weniger Kurvenspeed hast, spürst du das dann natürlich auf der ganzen Gerade.“ Für Barcelona erwartet Lüthi aber nicht nur Probleme mit dem breiteren Vorderrad und daraus resultierend dem „Turn-In“, sondern auch mit dem Grip am Hinterrad. „Wir wissen schon, dass der Hinterreifen zu hart sein wird. Wir konnten mit diesem Reifen vor einigen Wochen in Barcelona bereits testen, und der hat quasi keinen Grip. Aber das ist natürlich für alle Fahrer gleich.“

 

Wenig Zeit

Man konnte also vor Mugello bereits in Barcelona testen, und ein Test auf einer GP-Strecke während der Saison ist „eigentlich immer Gold wert“, wie es Lüthi ausdrückt. Doch lief es Lüthi dabei nicht wirklich gut, die Rundenzeiten waren klar zu langsam. Darum musste der Berner in Mugello Set-Up-technisch quasi bei Null beginnen. Für den Sieg reichte es nicht ganz, aber Platz drei ist sicher keine schwache Leistung. „Klar, das ist Jammern auf hohem Niveau, eigentlich sind wir sehr zufrieden. Aber wir wissen auch, dass wir nicht einfach die Beine hochlagern können und weiter hart arbeiten müssen“, so Lüthi zu seiner Gefühlslage.

 

„Wir gehen nun mit dem Mugello-Konzept und dieser Basisabstimmung nach Barcelona und bauen darauf auf. Und ja, hoffentlich wird das dann funktionieren. Die Problematik an den Rennwochenenden ist klar: Wir haben zu wenig Zeit. Am Freitag sind wir zwei Mal 40 Minuten auf dem Motorrad, dann am Samstagmorgen noch einmal 40 Minuten und dann sollte die Abstimmung eigentlich schon passen. Darum bin ich – vielleicht nicht gerade nervös – aber ich hoffe natürlich, dass wir das Set-Up möglichst schnell hinkriegen.“

Gute Aussichten

Doch Tom Lüthi sieht dem Wochenende grundsätzlich positiv entgegen: „Was sicher gut ist, ist dass das Wetter konstant und nicht allzu heiss sein soll. Das hilft uns natürlich bei der Abstimmung des Bikes sehr, wenn die Bedingungen mehr oder weniger gleich bleiben. Wir hatten in Barcelona auch schon Rennen bei 35 Grad. Da liefen uns die Reifen förmlich davon. Am Wochenende soll’s nun so um die 23 Grad warm werden, das stimmt mich zuversichtlich.“

 

Und auch die Fortschritte in Mugello stimmen positiv: „In Mugello konnten wir grosse Fortschritte machen, konnten wirklich übers ganze Wochenende vorne mitfahren, nur im Rennen hat’s dann nicht ganz gereicht.“ Das Lüthi nach wie vor zu den allerschnellsten Fahrern der Klasse gehört, hat der Berner diese Saison bereits mehrfach bewiesen. In Qatar pflügte er sich mit Bestzeiten durchs Feld und verpasste den Sieg ganz knapp, und in Austin hängte er Marquez nach der Führungsübernahme gnadenlos ab.

Starkes Team

Findet Lüthi in Barcelona die passende Abstimmung steht einem weiteren Sieg kaum etwas im Weg. Zumal sich Lüthi auch im neuen Team sehr wohl fühlt. „Mein Chefmekaniker ist zwar relativ jung und hat noch nicht so viel Erfahrung als Cheftechniker, aber wir haben uns schnell gefunden und arbeiten sehr gut zusammen. Und auch, dass ich mit Marcel Schrötter einen sehr starken Teamkollegen habe hilft, es gibt eine Art freundlichen Konkurrenzkampf, der die ganze Crew antreibt.“ Lüthi fühlt sich wohl, das sieht man, auch neben der Strecke. Hoffen wir, dass er die gute Form in Barcelona bestätigen kann.

 

Text: Patrick Schiffmann | Bilder: Reinhold Trescher, Schiffmann

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